IW sieht EZB nicht als Treiber von Ungleichheit
ms Frankfurt
Die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) seit 2011 hat zu keiner entscheidenden Veränderung der Vermögensverteilung in Deutschland geführt. Das ist das Ergebnis einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für die Stiftung Familienunternehmen. Demnach habe es „in allen Vermögensklassen Gewinner und Verlierer gegeben“. Sollte die Niedrigzinsphase noch länger anhalten, könnten die ärmeren Haushalte allerdings wachsende Schwierigkeiten haben, Vermögen zu bilden, so die IW-Forscher.
In den vergangenen Jahren hat die Debatte über die Verteilungswirkungen der Geldpolitik und einen Einsatz geldpolitischer Instrumente für weniger Ungleichheit an Brisanz gewonnen – nicht zuletzt im Zuge der Strategieüberprüfungen der US-Notenbank Fed und der EZB. Teile der Öffentlichkeit und der Politik drängen die Zentralbanken zu einer aktiveren Rolle. In den USA legt die Fed beispielsweise nun bereits einen besonderen Fokus auf die Arbeitslosigkeit unter sozial Benachteiligten. Allerdings sind andere Notenbanker skeptischer. So warnt etwa Bundesbankchef Jens Weidmann vor einem Verteilungsziel für die Geldpolitik.
Für ihre Studie haben die IW-Forscher nun Zahlen der Bundesbank ausgewertet. Auf dieser Grundlage kommen sie zu dem Schluss, dass die Niedrigzinsen zwar den Vermögensaufbau von Menschen mit geringem Einkommen erschwert hätten. Denn für sie hätten Bankguthaben und Lebensversicherungen, deren Renditen stark gesunken sind, eine große Bedeutung. Gleichzeitig seien die günstigen Kredite von Vorteil, zumindest wenn ein Immobilienkauf vor oder zu Beginn der Preissteigerungswelle bei Immobilien erfolgt sei, heißt es in der Studie.
„Nicht nur die wirtschaftliche Lage (ärmer oder reicher), sondern auch die Wohnverhältnisse (Eigentum oder Miete), der Wohnort (Stadt oder Land) sowie das Alter der Menschen entscheiden darüber, ob sie von den niedrigen Zinsen und der Dynamik der Vermögenspreise eher profitiert haben oder nicht“, fasst das IW zusammen. In der Weltfinanzkrise und der Euro-Schuldenkrise hatte die EZB ihre Leitzinsen auf Rekordtiefs gesenkt und zu beispiellosen Wertpapierkäufen gegriffen. In der Coronakrise verschärfte sie die ultraexpansive Geldpolitik sogar weiter.
Forderungen an die Politik
Um die Probleme ärmerer Haushalte beim Vermögensaufbau zu mindern, plädiert das arbeitgebernahe IW für eine Reform der Arbeitnehmersparzulage, eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer und eine konsequentere Förderung der Aktienkultur. Auch ein staatlicher Pensionsfonds, der zur Unterstützung der Renten am Aktienmarkt agiert, sei denkbar.