IW: Ukraine-Krieg kostet 175 Mrd. Euro an Wohlstand
ba Frankfurt
Der jüngste Datenfluss schürt Hoffnungen, dass sich die deutsche Wirtschaft doch besser entwickelt als zuletzt befürchtet. Der Ukraine-Krieg sowie alle damit verbundenen wirtschaftlichen Bedrohungen kosten einer neuen Berechnung des IW Köln zufolge allerdings rund 175 Mrd. Euro an Wertschöpfung. Das entspricht preisbereinigt etwa 4,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), berechnen die Forscher des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Für die Berechnung haben die Kölner die aktuelle Lage mit einem kontrafaktischen Konjunkturverlauf verglichen, also einer Welt, in der es keinen Krieg und damit keine hohen Energiepreise oder Lieferengpässe gibt. Zusammen mit den Wohlstandsverlusten infolge der Lockdowns und der Unsicherheit seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 summieren sich die Produktionsausfälle bis Ende des laufenden Jahres auf 595 Mrd. Euro, schreiben die Forscher. Die Verluste für 2020 beziffern sie mit 175 Mrd. Euro, 2021 kamen weitere 125 Mrd. Euro hinzu und 2022 dürften es knapp 120 Mrd. gewesen sein. „Die Situation ist nach wie vor sehr fragil“, mahnte IW-Ökonom Michael Grömling. „Die Ausnahmesituation wird uns auch in den kommenden Monaten beschäftigen und den Wohlstand belasten.“
Deutschland befinde sich weiter im Krisenmodus. Das IW verweist dabei auf drei kriegsbedingte Probleme: So sei Energie nach wie vor unsicher, Unternehmer befürchteten Störungen und Notlagen, etwa bei kritischen Infrastrukturen. Hinzu kämen hohe Kosten – für Strom, Gas, Vorleistungen und Rohstoffe –, die die Wettbewerbsfähigkeit bedrohten. „Nicht alle Kosten lassen sich an Käufer weitergeben“, erklärte Grömling. Die Folge: Unternehmen entschieden sich im Zweifel gegen geplante Investitionen. Zugleich würde die Situation aber auch die privaten Haushalte belasten, die daher weniger Güter nachfragten.
Im vierten Quartal zumindest stellt sich die konjunkturelle Lage erfreulicher dar als zuletzt erwartet: „Die jüngsten Datenveröffentlichungen fielen insgesamt besser aus, als in der Dezember-Projektion unterstellt worden war“, heißt es im Bundesbank-Monatsbericht Januar. Die Ökonomen gehen – ebenso wie das Statistische Bundesamt – von einer Stagnation im vierten Quartal aus. Die hohe Inflation und Unsicherheit mit Blick auf den Ukraine-Krieg lasteten im vierten Quartal zwar auf der Wirtschaft, doch habe sich die Lage an den Energiemärkten im Vergleich zum Sommer merklich entspannt. Die Lieferengpässe in der Industrie und am Bau hätten an Gewicht verloren. Zudem sollen staatliche Entlastungspakete wie die Strom- und Gaspreisbremse die Folgen der hohen Energiepreise für private Haushalte und Unternehmen abmildern.