SORGEN UM WELTHANDEL UND WELTKONJUNKTUR

IWF sieht Wirtschaft an heiklem Punkt

Lagarde warnt vor Eskalation im Handelsstreit

IWF sieht Wirtschaft an heiklem Punkt

ms Frankfurt – IWF-Chefin Christine Lagarde hat davor gewarnt, dass die Weltwirtschaft einen kritischen Moment erreicht habe, und insbesondere gemahnt, dass eine weitere Eskalation der globalen Handelsstreitigkeiten unter allen Umständen vermieden werden müsse. Bei einer Rede in Washington signalisierte sie gestern zugleich, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem neuen Weltwirtschaftsausblick, den er nächste Woche Dienstag veröffentlicht, seine Prognose für das globale Wachstum mindestens für das Jahr 2019 erneut reduzieren wird.Mit ihrer Grundsatzrede kurz vor der IWF-Frühjahrstagung Ende nächster Woche in Washington bereitet Lagarde das Feld für die Diskussionen der Finanzminister und Notenbankchefs der 189 Mitgliedstaaten in der US-Kapitale. Bei den Gesprächen dürfte der Handelsstreit zwischen den USA und China erneut ein zentrales Thema sein. Am Rande der Tagung treffen sich auch die G 20-Finanzminister und Notenbankchefs, um die Lage zu beraten. Neue Erwartungen niedriger”Die Weltwirtschaft befindet sich an einem heiklen Punkt”, sagte Lagarde gestern. Die globale Wirtschaft habe seit Januar weiter an Schwung verloren, wie sich auch in den neuen IWF-Prognosen zeigen werde. Im Januar hatte der Fonds für 2019 und 2020 3,5 % und 3,6 % Wachstum prognostiziert – das waren bereits 0,2 und 0,1 Prozentpunkte weniger als im Oktober geschätzt. Lagarde machte aber klar, dass der Fonds kurzfristig keine Rezession erwarte. Für die zweite Jahreshälfte 2019 und 2020 werde wieder ein Anziehen des Wachstums prognostiziert.Die erwartete Erholung des globalen Wachstums sei aber “anfällig für Abwärtsrisiken”, so Lagarde. Dazu gehörten länderbezogene Unsicherheiten wie der Brexit und allgemeine Unsicherheiten wie die hohe Verschuldung in einigen Sektoren und Ländern, Konflikte in der Handelspolitik und ein Gefühl der Unruhe an den internationalen Finanzmärkten. “Das bedeutet, dass wir nicht nur politische Fehlentscheidungen vermeiden, sondern auch die richtigen politischen Schritte unternehmen müssen”, sagte Lagarde.Mit Blick auf den Handelskonflikt speziell zwischen den USA und China betonte Lagarde erneut: “Niemand kann einen Handelskrieg gewinnen.” Sie verwies auf neue Berechnungen des Fonds zu den Folgen von Strafzöllen. Demnach würde sich bei einer Erhöhung der Zölle auf alle zwischen den USA und China gehandelten Güter um 25 Prozentpunkte das jährliche Wachstum in den USA um bis zu 0,6 % und in China sogar um bis zu 1,5 % verringern. “Handelshemmnisse schaden eindeutig Investitionen und Beschäftigung”, sagte sie.Lagarde sprach sich auch für eine internationale Vorgehensweise bei der Besteuerung von weltweit agierenden Konzernen aus. Großunternehmen seien noch immer in der Lage, ihre Besteuerung in Niedrigsteuerländer zu verlegen. Dadurch entgingen etwa Entwicklungs- und Schwellenländern Einnahmen von jährlich 200 Mrd. Dollar. Kritisch äußerte sie sich auch zur zunehmenden Marktmacht großer Unternehmen, vor allem in der digitalen Ökonomie. Es seien “angemessene Maßnahmen” nötig, damit das nicht zu einem Problem werde.Mit Blick auf die Fiskalpolitik forderte Lagarde eine “intelligentere Nutzung” der Ressourcen. Es gehe um die richtige Balance zwischen Wachstum, Schuldentragfähigkeit und sozialen Zielen. Die Geldpolitik müsse dort, wo die Inflation unter dem Zielwert liege, weiter konjunkturstimulierend ausgerichtet sein.