IWF stellt Deutschland gutes Zeugnis aus

Mehr Investitionen angemahnt - Plädoyer für höhere Löhne und Steuerentlastung

IWF stellt Deutschland gutes Zeugnis aus

ba Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Deutschland in seinem jährlichen Länderbericht ein gutes Zeugnis ausgestellt, aber weitere Reformen angemahnt. Deutschland solle einen Mix aus fiskal- und strukturpolitischen Maßnahmen ergreifen, um seine Stärken zu schützen und den weiteren Herausforderungen zu begegnen – inklusive der Reduzierung der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte, heißt es im Artikel-IV-Bericht. Die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands stehen immer wieder in der internationalen Kritik.”Wir möchten darauf hinweisen, dass nach unserer Auffassung eine stärkere Lohndynamik unter den gegenwärtigen Umständen hilfreich wäre für die Wirtschaft”, sagte IWF-Deutschlandexpertin Enrica Detragiache laut Reuters bei der Vorstellung des Länderberichts am Montag in Berlin.Der mögliche finanzielle Spielraum solle genutzt werden, um das Wachstumspotential zu fördern – etwa über Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, in Kinderbetreuung und in Flüchtlingsintegration sowie die Senkung der Steuerbelastung von Arbeitseinkommen. Dabei solle vor einer leichten Neuverschuldung nicht zurückgeschreckt werden, wobei aber die deutschen und europäischen Schuldenregeln beachtet werden müssten, so Detragiache.Der IWF empfiehlt auch eine Rentenreform, mit der Anreize geschaffen werden, länger zu arbeiten. Dies würde das Produktionspotenzial heben, die Pensionslasten senken und die Notwendigkeit, für den Ruhestand vorzusorgen, reduzieren. Die Einkommensungleichheit hierzulande hat sich laut IWF weitgehend stabilisiert. Die Experten warnen aber dennoch vor Armutsrisiken: “Diese verdienen weiter Aufmerksamkeit”, heißt es in dem Bericht. Maßnahmen gegen die Armut sollten die Errungenschaften der vergangenen Arbeitsmarktreformen bewahren. Mit Blick auf die Arbeitsmarktreform zeigte sich der IWF zufrieden: Nach den Hartz-Reformen sei die Erwerbsbeteiligung gestiegen und die Arbeitslosigkeit gesunken. Allerdings blieben die durchschnittlichen Lohngewinne trotz eines enger werdenden Arbeitsmarktes zurück.Angesichts der steigenden Hauspreise sollte der Immobilienmarkt enger überwacht werden. Der deutsche Banken- und Lebensversicherungssektor sollte die Restrukturierung beschleunigen, um Profitabilität und Widerstandskraft zu erhöhen, fordern die IWF-Experten.Insgesamt habe sich die offene und innovative Wirtschaft Deutschlands gut entwickelt – dank eines “umsichtigen Wirtschaftsmanagements”, vergangenen Strukturreformen und eines gut entwickelten sozialen Sicherungsnetzes. Das Beschäftigungswachstum sei stark, die Arbeitslosenquote liege auf einem Rekordtief, das Wachstumspotential werde übertroffen und die Haushaltslage verbessere sich weiter. Trotzdem blieben Lohnwachstum und die Kerninflation gedämpft, die Unternehmensinvestitionen kämen nicht in Schwung und die demografische Entwicklung belaste die langfristigen Wachstumsaussichten. Der große und anhaltende Leistungsbilanzüberschuss spiegele die hohe Sparquote im Inland, bessere Investitionsmöglichkeiten im Ausland sowie externe Faktoren wider, schreibt der IWF. 2016 war der Leistungsbilanzüberschuss in Dollar gerechnet weltweit der höchste. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung waren es im vergangenen Jahr 8,3 % – bei einer Fortsetzung des aktuellen politischen Kurses werde die Anpassung bis 2022 auf 1 % des Bruttoinlandsprodukts begrenzt sein.