Japan fördert Kohlekraft gegen den Trend

Warnung vor hohen Fehlinvestitionen

Japan fördert Kohlekraft gegen den Trend

mf Tokio – Anlässlich des G 7-Gipfels im japanischen Ise-Shima haben ausländische Analysten und internationale Umweltschützer das umfangreiche Engagement Japans für die Kohleenergie kritisiert. Nach ihrer Ansicht widerspricht die starke japanische Kohleförderung dem Ausstieg aus fossilen Energien, der beim vergangenen G 7-Gipfel in Deutschland beschlossen wurde. “Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, dürfen wir im Prinzip gar keine neuen Kohlekraftwerke bauen, sondern höchstens Altanlagen modernisieren”, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks am Rande ihres Japan-Besuchs in der Vorwoche. Politik und Wirtschaft in Japan begründen den Ausbau der Kohlekraft mit dem Ersatz für stillgelegte Atomkraftwerke. Doch Kritikern zufolge geht es vor allem um den Export von Anlagen mit “Clean Coal”-Technologien.Die europäische Expertengruppe E3G warf Japan eine “schlechte Wette auf eine starke Kohlenstoff-Zukunft” vor. Während Japan weiter internationale Kohleprojekte finanziere, zögen sich andere Staaten und Organisationen aus der Kohle zurück und setzten auf erneuerbare Energien. Laut einer Untersuchung von Natural Resources Defense Council (NRDC), World Wildlife Fund und anderen Umweltorganisationen haben die G 7-Staaten zwischen 2007 und 2015 Kohleprojekte für insgesamt 42 Mrd. Dollar finanziert. Davon ging mehr als die Hälfte auf das Konto von Japan. Danach wurden 2015 drei Projekte für 1,4 Mrd. Dollar zu 80 % mit japanischen Exportkrediten finanziert. Laut NRDC plant Japan derzeit staatlich subventionierte Kredite im Volumen von über 10 Mrd. Dollar für zehn Kohlemeiler im Ausland. Dazu könnten weitere zehn kommen.In Japan selbst sind derzeit sechs Kohlekraftwerke mit 1,9 GW Kapazität in Bau sowie 49 Kohlemeiler mit 28 GW in verschiedenen Planungsphasen, so viel wie 25 große Atomreaktoren. Nach dem G 7-Gipfel von 2015 hatte das Umweltministerium zunächst neue Kohlemeiler abgelehnt, aber die Industrie setzte sich mit dem Versprechen durch, besonderes effiziente und saubere Anlagen zu bauen. In einer Studie kommen Finanzwissenschaftler der Universität Oxford nun zu dem Schluss, dies werde sich als teure Fehlinvestition entpuppen. In allen drei von ihnen untersuchten Szenarien kommt Japan schon mit der Hälfte der geplanten Kohlemeiler aus. Der Wettbewerb mit erneuerbaren Energien werde unterschätzt. Die Überkapazität werde Abschreibungen von mindestens 44 Mrd. Euro zur Folge haben, warnt die Studie der Smith School of Enterprise and the Environment.