Kempf mahnt Regierung zu Vorsorge
Die Industrie hat der Bundesregierung ins Gewissen geredet, für schlechte Zeiten vorzusorgen. BDI-Präsident Dieter Kempf forderte eine industriefreundliche Wirtschaftspolitik. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier regt einen Wachstumspakt an. Kanzlerin Angela Merkel versprach bessere Regierungsarbeit. wf Berlin – “Deutschland muss sich auf den Abschwung gefasst machen”, warnte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, beim Tag der deutschen Industrie vor der Presse in Berlin. Mittlerweile sei die deutsche Wirtschaft im neunten Jahr des Aufschwungs. Es sei gut möglich, dass der Rekordsommer noch weiter anhalte, konstatierte Kempf, doch Deutschlands Stärke sei angreifbar. “Wir müssen vorsorgen – jetzt”, verlangte der Präsident.Der BDI nahm seine Konjunkturprognose für 2018 zurück. Demnach wächst das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um real 2,0 % anstelle der bislang erwarteten 2,25 %. Der Warenexport wird der Prognose zufolge in diesem Jahr nur um real 3,5 % zulegen. Bisher hatten die BDI-Experten mit 5 % gerechnet. Die Investitionstätigkeit habe sich abgeflacht und die Exportstärke sei wegen der wachsenden Risiken für Unternehmen im Außenhandel und protektionistischer Maßnahmen bedroht.”Die Regierung sollte auf diese unguten Vorzeichen reagieren – mit Umsicht und zugleich mit Handlungsstärke in der Wirtschaftspolitik”, verlangte Kempf. Besorgt zeigte sich Kempf über den Gewöhnungseffekt, der durch die wiederkehrenden Konjunkturrekorde in der Regierung eingetreten sei. Eine fehlgeleitete Sozialpolitik werde nicht die Verunsicherung in der Bevölkerung beseitigen. “Wir warten ungeduldig auf konkrete Schritte”, sagte Kempf – bei der Steuerpolitik, der Digitalisierung und in der Energie- und Klimapolitik. Mit Blick auf steuerpolitische Entlastung in anderen Industriestaaten sprach Kempf von nahezu “unterlassener Hilfeleistung”. “Entlastung der Wirtschaft”Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versprach der Wirtschaft einen Wachstumspakt aus den drei Säulen Innovation, Entlastung und Bürokratieabbau. Zu allen drei Punkten sucht Altmaier die Verständigung mit der Wirtschaft. Die Hälfte aller Mehreinnahmen will er dafür einsetzen, wirtschaftliche Aktivitäten zu entlasten. Altmaier zufolge geht es um einen mindestens zweistelligen Milliardenbetrag in den nächsten Jahren. Im Koalitionsvertrag hat sich Schwarz-Rot allerdings darauf verständigt, finanziellen Spielraum für Verteidigung, Entwicklungshilfe und Digitalisierung einzusetzen.Dissens besteht zwischen Industrie und Bundesregierung über staatliche Eingriffe bei Unternehmenskäufen aus EU-Drittländern vor allem aus China. Sowohl Altmaier als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machten deutlich, dass sie der Ausverkauf deutscher Hochtechnologie zum Schaden der deutschen Wirtschaft besorgt. Deutschland werde weiter offen bleiben, versprach Merkel. “Aber wir müssen uns schon Gedanken machen, wie wir unsere Strukturen schützen.” Altmaier äußerte sich ähnlich. Von China wünscht Merkel Offenheit für Investitionen deutscher Unternehmen. Die Bundesregierung plant eine Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts, damit sie bei mehr Unternehmenskäufen eingreifen kann. Kempf mahnte zur Zurückhaltung bei Plänen, die über das heutige Außenwirtschaftsrecht hinausgingen.Von der Regierung verlangte der BDI-Präsident, ihre “hausgemachten Krisen” zu beseitigen. Merkel zeigte Verständnis und Einsicht. Sie nehme die Bitte nach weniger Selbstbeschäftigung “sehr positiv auf”, sagte die Kanzlerin. “Ich werde alles daransetzen, da zu Verbesserungen zu kommen.”