EZB-Strategieüberprüfung

Klima, Kommunikation, Strategiechecks – was sich noch ändert

Der EZB-Rat beschließt Klima-Fahrplan und will den Austausch mit der Öffentlichkeit weiter intensivieren. Und die geldpolitische Strategie soll regelmäßig überprüft werden.

Klima, Kommunikation, Strategiechecks – was sich noch ändert

ms Frankfurt

13 Workstreams, mehr als ein Dutzend Seminare und Treffen der Notenbanker, Hunderte Seiten Research und der erstmalige direkte Austausch über die geldpolitische Strategie mit der breiten Öffentlichkeit im Rahmen vieler „ECB Listens“-Events – die erste Strategieüberprüfung der EZB seit dem Jahr 2003 war sehr viel breiter angelegt als etwa die Strategie Review der US-Notenbank Fed. Im Zentrum der Überprüfung und der jetzt verkündeten Beschlüsse stand und steht das Preisstabilitätsziel und geldpolitische Überlegungen. Aber das ist nicht das Einzige. Ein Überblick über weitere wichtige Neuerungen:

Klima: Seit ihrem Amtsantritt im November 2019 hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf eine größere Rolle der EZB im Kampf gegen den Klimawandel gepocht – womöglich inklusive einer explizit grünen Geldpolitik. Vor allem was diesen Punkt betraf, gab es anfänglich viel Skepsis und Widerstand im EZB-Rat. In den vergangenen Monaten haben sich die Positionen aber angenähert.

„Der EZB-Rat ist fest entschlossen, innerhalb seines Mandats dafür zu sorgen, dass das Eurosystem, im Einklang mit den Klimaschutzzielen der EU, die Implikationen des Klimawandels und des Übergangs zu einer CO2-ar­men Wirtschaft für die Geldpolitik und das Zentralbankwesen in vollem Umfang berücksichtig“, heißt es nun in der neuen „Erklärung zur geldpolitischen Strategie der EZB“.

Zeitgleich mit der Vorlage der neuen Strategie teilte die EZB mit, dass der EZB-Rat „einen umfassenden Aktionsplan mit einem ehrgeizigen Fahrplan zur weiteren Einbeziehung von Klimaschutzüberlegungen in seinen geldpolitischen Handlungsrahmen beschlossen“ habe. Damit unterstreiche der Rat seine Verpflichtung, „ökologische Nachhaltigkeitsüberlegungen systematischer in seiner Geldpolitik zu berücksichtigen“. Beim Kauf von Unternehmensanleihen habe die EZB bereits damit begonnen, „relevante Risiken des Klimawandels“ in ihren Prüfverfahren für den Ankauf von Vermögenswerten zu berücksichtigen, erklärte die Notenbank.

Umweltschützer wie Greenpeace und grüne Politiker wie der EU-Abgeordnete Sven Giegold begrüßten die Beschlüsse. Zugleich forderten sie aber direkt, den Worten noch mehr Taten folgen zu lassen. Die EZB solle „klimaschädliche Unternehmen im Anleihekaufprogramm ab heute nicht weiter begünstigen“, sagte Mauricio Vargas, Volkswirt und Finanzexperte von Greenpeace. Unter Ökonomen und Notenbankern ist aber umstritten, ob die Zentralbanken beispielsweise grüne Anleihen im Zuge ihrer Wertpapierkaufprogramme bevorzugen sollten.

Kommunikation: Ebenfalls seit Amtsantritt wirbt Lagarde, ehemals französische Finanzministerin und Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), für eine bessere Kommunikation der EZB. Mancher Kritiker unkt, dass das womöglich auch damit zu tun habe, dass sich Lagarde selbst mit der geldpolitischen Materie und der oft technischen Sprache schwertue. Das renommierte Magazin „The International Economy“ schrieb unlängst, dass Lagarde intern bei vielen den Spitznamen „die Leserin“ habe, weil sie sich bei geldpolitischen Statements immer strikt an vorformulierten Texten festhalte – anders als etwa bei Klimawandel oder Ungleichheit.

Im Zuge der neuen Strategie kündigte Lagarde nun am Donnerstag an, dass etwa „ein neues, stärker narrativ ausgerichtetes und prägnanteres geldpolitisches Statement“ das bisherige „einleitende Statement“ bei den geldpolitischen Pressekonferenzen ersetzen werde. Zudem sollte die geldpolitische Kommunikation, die sich an die breite Öffentlichkeit richtet, „durch einen stärker visualisierten und zugänglicheren Ansatz angepasst“ werden.

„Dies ist von entscheidender Bedeutung, damit die Öffentlichkeit die Maßnahmen der EZB versteht und ihnen Vertrauen entgegenbringt“, heißt es in der neuen geldpolitischen Erklärung. Nach den positiven Erfahrungen mit den Veranstaltungen der Reihe „ECB Listens“ („Das Eurosystem hört zu“) im Rahmen der Strategieüberprüfung beabsichtige der EZB-Rat zudem, „öffentliche Informationsveranstaltungen fest in den Austausch zwischen dem Eurosystem und der Öffentlichkeit zu integrieren“. Das fordern auch viele Vertreter der Zivilgesellschaft. Einige Notenbanker sorgen sich dagegen vor überzogenen Erwartungen seitens der breiten Öffentlichkeit – etwa beim Thema „Helikoptergeld“, also Geldgeschenken der Zentralbank an alle Bürger.

Strategieüberprüfung: Erstmals seit 18 Jahren hat die EZB jetzt ihre Strategie auf den Prüfstand gestellt und überarbeitet. Künftig beabsichtigt die EZB, „die Angemessenheit seiner geldpolitischen Strategie regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen“, wie es in der neuen Strategie heißt. Das folgt dem Beispiel anderer Notenbanken wie etwa der Zentralbank Kanadas. Die nächste EZB-Bewertung sei 2025 zu erwarten.