Klimaziele fordern deutsche Industrie heraus

IKB-Studie: Emissionsgrenzen sind ab 2022 nur mit niedrigerem Produktionsniveau zu halten

Klimaziele fordern deutsche Industrie heraus

ba Frankfurt – Die deutsche Industrie droht durch die Klimaschutzziele der Bundesregierung ein Stück weit ausgebremst zu werden. Kurzfristig stellt die Einhaltung der festgelegten CO2-Grenzwerte noch kein Wachstumsrisiko für die Industrieproduktion dar, in den Jahren ab 2022 allerdings ändert sich die Lage, wie IKB-Chefökonom Klaus Bauknecht in einer Studie darlegt. Die hiesige Industrie stehe vor erheblichen Herausforderungen, und noch fehle es an effektiveren Anpassungsanreizen, damit es zu keinem Konflikt zwischen dem Erreichen der Klimaziele und dem Produktionswachstum komme. Würde die Industrie etwa kurzfristig in den CO2-Zertifikatehandel eingebunden, käme es durch Angebot und Nachfrage zu einer freien und fairen Preisgestaltung von CO2-Zertifikaten. So könne die Einhaltung der angestrebten Grenzwerte “glaubwürdig und transparent erreicht werden”, betont Bauknecht.Aus den CO2-Grenzwerten, die die Bundesregierung für alle Wirtschaftssektoren konkret festgelegt hat (siehe Grafik), “könnten sich weitere Kosten in Form von Strafzahlungen oder zusätzlichen Käufen von CO2-Zertifikaten ergeben, und die Investitionsdynamik am Standort Deutschland könnte sich deutlich verändern”, warnt der IKB-Chefvolkswirt. Entscheidend werde sein, in welchem Maße diese Grenzwerte als bindend anzusehen seien. Dies hänge von der zu erwartenden Industrieproduktion sowie von den zu erwartenden Konsequenzen bei einer Überschreitung ab.Sind die Grenzwerte für die Industrie bindend, werden sie laut Bauknecht einen Anpassungsprozess der Wirtschaft zur Folge haben. Dieser könne technologische Innovationen, Produktionsrückgänge, höhere Preise der produzierten Güter oder Produktionsverlagerungen ins Ausland beinhalten. Dass Innovationen stattfinden müssen, um mittelfristig die Grenzwerte einhalten zu können, darüber besteht laut Bauknecht wenig Zweifel. Denn die aktuelle Dynamik beim Rückgang der CO2-Intensität reiche nicht aus, um mittelfristig zugleich ein – selbst nur moderates – Produktionswachstum und die Einhaltung der Grenzwerte zu ermöglichen. Seit 2011 war das Verhältnis zwischen CO2-Ausstoß und Produktion relativ stabil, in den Jahren zuvor wurde pro Produktionseinheit der Industrie immer weniger CO2 ausgestoßen. Der Einbruch der Industrieproduktion 2019 ermögliche also Wachstum in den Jahren 2020 und 2021 ohne eine Grenzwertüberschreitung.Eine Einhaltung der Grenzwerte ab 2022 ist laut Bauknecht nur mit einem niedrigeren Produktionsniveau in Einklang zu bringen. Notwendig sei also eine deutlich stärker sinkende CO2-Intensität. Unausweichlich werde die Frage aufkommen, “was sich am Ende anpassen wird – die deutsche Industrielandschaft oder die Grenzwerte”, so Bauknecht. Da es kurzfristig keine effektiven Preisanreize durch den CO2-Zertifikatehandel gebe, bestehe zudem die Gefahr, dass die Einhaltung der Grenzwerte eine zunehmende Intervention des Staates mit sich bringe.