Hartnäckiger Preisauftrieb in Großbritannien
Britische Inflation zeigt sich hartnäckig
Preisauftrieb bei Dienstleistungen schwächt sich langsamer ab als gedacht
hip London
Die britische Teuerungsrate ist im März höher ausgefallen als von Volkswirten veranschlagt. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, ging sie zwar von 3,4% auf 3,2% zurück. Im Schnitt erwartet wurde jedoch, dass sie auf 3,1% sinken würde. Deutlich höhere Kraftstoffpreise glichen jedoch die schwächer als im Vorjahr steigenden Lebensmittelpreise wieder aus. Damit lieferte nach den am Vortag vorgelegten Zahlen zum Arbeitsmarkt ein zweiter wesentlicher Datensatz den Falken im geldpolitischen Komitee (Monetary Policy Committee, MPC) der Bank of England neue Argumente.
Kernrate unerwartet hoch
Die Kerninflation, bei deren Berechnung schwankungsanfällige Komponenten wie Energie außer Acht gelassen werden, verringerte sich von 4,5% auf 4,2%. Volkswirte hatten im Schnitt 4,1% angesetzt. Die von der Notenbank mit Argusaugen verfolgte Dienstleistungsinflation ging zwar von 6,2% auf 6,1% zurück, lag damit aber um 20 Basispunkte über den 5,8%, die Ökonomen auf der Rechnung hatten.
Begrenzte Ostereffekte
Der HSBC-Volkswirt Chris Hare hält es zwar für möglich, dass ein Teil der Entwicklung auf den frühen Termin von Ostern in diesem Jahr zurückgeht. Bei Hotelübernachtungen sei die Teuerungsrate gestiegen. Allerdings habe sich der Preisauftrieb in dafür anfälligen Kategorien wie Flugtickets, Pauschalreisen und Restaurantbesuchen abgeschwächt. Wenn die Ostereffekte begrenzt gewesen seien, deute das vielleicht auf eine hartnäckigere Inflation hin, insbesondere bei Dienstleistungen, schrieb Hare in einer ersten Einschätzung. Am Vortag war das Lohnwachstum höher als erwartet ausgefallen. In Verbindung mit dem schwachen Produktivitätswachstum liege das Wachstum der Lohnstückkosten weiter über dem Niveau, das mittelfristig mit dem Inflationsziel der Bank of England von 2,0% vereinbar wäre.
Restant der Globalisierung
Die Geldpolitiker der Notenbank würden die Dienstleistungsinflation gerne bei 3% sehen. In Kombination mit einer Inflation von minus 1% bei Waren könnte das Inflationsziel erreicht werden. Die Erwartungen an die Preisentwicklung von Waren spiegelten eine Zeit der Globalisierung wider, schrieb der Volkswirt James Richard Sproule von Handelsbanken. Sie müssten zumindest auf den Prüfstand gestellt werden. Derzeit beläuft sich die Inflation bei Waren auf 0,9%.
Mieten steigen wie noch nie
Wie aus den separat vorgelegten Daten zum Häusermarkt hervorgeht, sind die Mieten im März so stark gestiegen wie noch nie seit Beginn der Erhebung 2015. Auf dem privaten Wohnungsmarkt lagen sie im Vorjahresvergleich um 9,2% höher, in London gar um 11,2%. Seit dem Ende der Ausgangssperren zur Eindämmung der Pandemie ist die Zahl der Mieter jeden Monat gestiegen. Die Zahl der Vermieter ging dagegen stark zurück. Steigende Hauspreise, höhere Hypothekenzinsen für Buy-to-Let-Immobiliendarlehen, eine stärkere Besteuerung und strengere Vorschriften für Vermieter sind aus Sicht von Sarah Coles, Head of Personal Finance bei Hargreaves Lansdown, dafür verantwortlich. Der durchschnittliche Preis eines Eigenheims lag im Februar bei 281.000 Pfund. Das waren 0,4% mehr als im Vormonat.