Konjunkturflaute lässt Arbeitslosigkeit steigen

Quote verharrt bei 4,9 Prozent - Sondereffekt verzerrt Monatsbild - Noch keine Trendwende

Konjunkturflaute lässt Arbeitslosigkeit steigen

ba Frankfurt – Die Frühjahrsbelebung am deutschen Arbeitsmarkt entfällt im Mai überraschend. Mittlerweile zeigen sich erste Auswirkungen der schwächeren konjunkturellen Entwicklung. Daher sei die Arbeitslosigkeit anders als in diesem Monat üblich nicht gesunken, sondern gestiegen, erklärte Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit (BA), bei der Vorstellung der aktuellen Arbeitsmarktdaten. Zusätzlich sorgt ein Sondereffekt dafür, dass der jahrelange Höhenflug nun zumindest pausiert.Eine strukturelle Umkehrung sei aber nicht zu sehen, es handele sich eher um eine Delle, betonte der BA-Chef. An der Prognose des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von einem Rückgang der durchschnittlichen Arbeitslosenzahl auf 2,199 Millionen im Gesamtjahr 2019 halte man fest. Allerdings schwäche sich die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern auf hohem Niveau merklich ab. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bleibe aber auf Wachstumskurs, wenn sich auch der Trend abschwäche, so Scheele.Im Mai ist die Zahl der Arbeitslosen im Vormonatsvergleich um 7 000 auf 2,236 Millionen gestiegen – im Zuge der Frühjahrsbelebung wäre ein Rückgang um 70 000 bis 80 000 normal. Die Arbeitslosenquote verharrte dennoch bei 4,9 % (siehe Tabelle). Saisonbereinigt kletterte die Arbeitslosenzahl um 60 000. Scheele führt allerdings nur einen kleinen Teil des “ungewöhnlichen und kräftigen Anstiegs” auf die Abschwächung der Konjunktur, insbesondere im Bereich der Arbeitslosenversicherung, zurück – der größere Teil entfalle “auf Prüfaktivitäten zum Arbeitsvermittlungsstatus von Arbeitslosengeld-II-Berechtigten”. Im April sei in den Jobcentern eine Datenqualitätsoffensive auf Druck des Bundesrechnungshofes gestartet worden, bei der die Mitarbeiter begonnen hätten, unplausible Datensätze systematisch zu überprüfen und zu korrigieren. Mit diesem Vorgang sei man aber in etwa zwei Monaten durch, betonte der BA-Chef.Ökonomen hatten zwar mit einem weiteren Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl um 7 000 gerechnet, betonten aber die nach wie vor günstige Lage am Arbeitsmarkt. Panik sei verfrüht, denn dank der immer noch guten Auftragslage und der hohen Kapazitätsauslastung sei erst einmal mit einer breiten Seitwärtsbewegung und nicht mit einem Einbruch am Arbeitsmarkt zu rechnen, kommentiert Stefan Kipar von der BayernLB. Zwar nehme die Anzahl offener Stellen seit Monaten tendenziell ab, aber sie sei mit 792 000 weiterhin hoch. Mit den ersten Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt steige aber die Gefahr, “dass sich die bislang hauptsächlich von globalen Entwicklungen getriebene Konjunkturschwäche auch langsam auf die Binnenkonjunktur überträgt”, so Kipar. Stefan Große von der Nord/LB rät daher, “sich langsam Gedanken zu machen, wie man mit einem Abschwung konjunkturpolitisch umgeht”. Sowohl Kipar als auch Große verweisen auf Indikatoren wie den Einkaufsmanagerindex, das Ifo-Klima oder das GfK-Konsumklima, die auf eine sich eintrübende Konjunktur hindeuteten.Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, erwartet, dass der Arbeitsmarkt “im Vergleich zu früheren wirtschaftlichen Schwächephasen verhältnismäßig stabil bleiben wird”, denn der demografische Wandel sei ein von der aktuellen Konjunkturentwicklung losgelöster stabilisierender Faktor. Unternehmen suchten händeringend nach Fachkräften. Kurzzeitige Blessuren seien aber wahrscheinlich. Es sei unübersehbar, dass Unternehmen ihre Beschäftigung anpassten – Leidtragender sei das Zeitarbeitsgewerbe als erstes Glied in der Kette. Sollten sich die Auftragsbücher der deutschen Industrie nicht alsbald wieder füllen, könnte dies die Beschäftigungsnachfrage auch über die Sommermonate hinweg weiter dämpfen, warnt Gitzel.Die Reserven der BA, um wirtschaftliche Flauten abzufedern, werden der “Bild” zufolge kräftiger gefüllt als erwartet: 2019 werde die Rücklage um 1,6 Mrd. statt der geplanten 0,8 Mrd. Euro auf dann 25,1 Mrd. Euro steigen.