Konjunkturzuversicht auf Zwei-Jahres-Hoch
Konjunkturzuversicht nimmt zu
ZEW-Barometer steigt – Wirtschaftsministerium optimistisch für Erholung – Exporteure erwarten mehr Umsatz
Die ZEW-Konjunkturerwartungen haben erneut zugelegt. Das schürt die Hoffnung, dass sich das unerwartete Wachstum im ersten Quartal fortsetzt. Während die Zuversicht für China und den Euroraum steigt, sinkt sie allerdings für die wichtige Exportdestination USA. Die Exporteure blicken dennoch optimistisch in die Zukunft.
ba Frankfurt
Finanzmarktexperten lassen sich von der guten Stimmung anstecken, die das überraschende Wirtschaftswachstum im ersten Quartal verbreitet. Zumal die für Juni avisierte Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) zumindest für etwas Rückenwind sorgen dürfte. Doch trotz der sich allmählich aufhellenden Perspektiven gilt weiterhin, dass in diesem Jahr noch kein dynamischer Aufschwung zu erwarten ist – vor allem, da sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen nicht geändert haben. Auch die Dimensionen des Fachkräftemangels würden noch immer unterschätzt, wie der DIHK beklagt. Jedes Jahr verließen 400.000 mehr Ältere den Arbeitsmarkt, als Junge hinzukämen. „Diese Lücke wird immer größer und bedroht ganz konkret unseren Wohlstand“, mahnte DIHK-Präsident Peter Adrian zum Auftakt des IHK-Tages. Gemeinsame Anstrengungen von Politik und Wirtschaft seien daher nötig.
Zehntes Plus in Folge
Die vom Mannheimer Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erhobenen Konjunkturerwartungen sind im Mai zum zehnten Mal in Folge gestiegen – und zwar um 4,2 auf 47,1 Punkte. Ökonomen hatten zwar prognostiziert, dass die Stimmung auf einen neuen Höchststand seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 klettern würde, aber lediglich ein Plus auf 46,4 Zähler auf der Rechnung. Auch die aktuelle Lage wurde von den 156 befragten Analysten und institutionellen Anlegern besser als zuletzt beurteilt. Das entsprechende Barometer legte 6,9 auf –72,3 Punkte zu. Hier lag die Prognose bei –75,9 Zählern.
„Die Zuversicht steigt“, kommentierte ZEW-Chef Achim Wambach. Es mehrten sich die Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung, wozu auch die verbesserte konjunkturelle Lageeinschätzung für den Euroraum im Ganzen sowie für den wichtigen Exportmarkt China beitragen dürfte. Den USA und damit einer weiteren wichtigen Exportdestination hingegen wird im April etwas weniger zugetraut als zuletzt. „Der gestiegene Optimismus drückt sich insbesondere in stark gestiegenen Erwartungen für den inländischen Konsum, gefolgt vom Bau- und Maschinensektor aus“, erklärte Wambach. Zu dem überraschenden Wirtschaftswachstum von 0,2% zum Jahresstart im Quartalsvergleich hatten vor allem die Nettoexporte und – witterungsbedingt – die Bauinvestitionen beigetragen.
Wirtschaftsministerium ist optimistisch
Die Ausrüstungsinvestitionen und der private Konsum dürften sich dagegen noch schwach entwickelt haben, betont das Bundeswirtschaftsministerium in seinem Monatsbericht Mai. Doch „im Zuge geringerer Inflationsraten, erwarteter geldpolitischer Lockerungen, steigender Löhne und Einkommen, einem stabilen Arbeitsmarkt und zunehmender Impulse von der Außenwirtschaft dürfte sich die konjunkturelle Erholung allmählich festigen und an Breite und Dynamik gewinnen“. Insgesamt würden die Frühindikatoren für den privaten Konsum zunehmend aufwärts tendieren, wenn auch ausgehend von einem niedrigen Niveau, heißt es weiter.
Exporteure erwarten höhere Umsätze
Positive Signale für den Außenhandel liefert die dritte Ausgabe der Allianz Trade Global Survey: Trotz der geopolitischen Risiken, Protektionismus, Lieferkettenstörungen und Zahlungsrisiken blicken die deutschen Exporteure zuversichtlich in die Zukunft, ergab die Umfrage unter 3.200 Exporteuren in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Großbritannien, den USA und China. 81% der Befragten hierzulande erwarten, dass ihre Umsätze 2024 um mehr als 2% steigen. Im Vorjahr waren es 54% – wobei die Umsätze laut dem Kreditversicherer dann aber letztlich um 10% einbrachen.
Ähnlich sieht es global aus: Über 80% zeigten sich zuversichtlich, ihren Exportumsatz 2024 steigern zu können, im vergangenen Jahr waren es weltweit 70%. „Nach mehr als einem Jahr der Rezession erwarten die Exporteure nun einen Aufschwung in der zweiten Hälfte des Jahres 2024, da die Wiederauffüllung der Lagerbestände von Industriegütern zusammen mit der globalen Nachfrage an Fahrt gewinnt“, sagt Françoise Huang, Senior-Volkswirtin bei Allianz Trade. „Dies wird auch die Preise ankurbeln und die Konjunkturbelebung fördern.“ Der Kreditversicherer erwartet, dass der Welthandel 2024 wertmäßig um 2,8% steigen wird, nachdem er 2023 um 2,9% geschrumpft war. Der langfristige Durchschnitt liegt bei +5%.
Längere Zahlungsfristen und Ausfälle drohen
Trotz der optimistischen Umsatzerwartungen rechnen 42% der Unternehmen weltweit damit, dass sich die Dauer der Zahlungsfristen für Exporte in den nächsten sechs bis zwölf Monaten verlängert. „Längere Zahlungsfristen bedeuten einen stärkeren Druck auf den Cashflow, und die Situation könnte sich sogar noch verschlechtern“, mahnt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade. Darüber hinaus gingen weltweit 40% und in Deutschland 37% der Befragten davon aus, dass das Zahlungsausfallrisiko in diesem Jahr steigen wird. Dies decke sich mit der Prognose eines weltweiten Anstiegs der Unternehmensinsolvenzen um 9%, heißt es weiter. Hierzulande dürften die Insolvenzen um rund 13% zulegen. Entsprechend würden 48% der befragten Unternehmen erwarten, dass sich die Zahlungsmoral verschlechtert – weltweit sind es 42%.