Kontroversen über Euro-Erweiterung
ms Frankfurt
Anlässlich des 20. Jahrestags der Einführung des Euro-Bargelds ist eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer weiteren Ausweitung der Eurozone entbrannt. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta sagte, dass er das Potenzial für eine Ausweitung der Gemeinschaftswährung auf weitere Länder sehe. Dagegen riet der langjährige EZB- und Bundesbankchefvolkswirt Otmar Issing aktuell von einer Erweiterung der Gruppe der Euroländer ab. Derzeit bemühen sich Bulgarien und Kroatien um die Aufnahme in den Euro-Club.
Der Euro war zum 1. Januar 2002 als Bargeld ausgegeben worden. Ungefähr 8 Millionen Banknoten und 38 Millionen Münzen wurden damals in Umlauf gebracht. Die eigentliche Geburtsstunde des Euro war aber der 1. Januar 1999, als die Gemeinschaftswährung gesetzliches Zahlungsmittel wurde und auf Gehaltszetteln oder Rechnungen erschien. Die Eurozone startete damals mit elf Mitgliedsstaaten. In den Folgejahren kamen immer neue Mitglieder hinzu, darunter Griechenland im Jahr im Jahr 2001. Als bislang letztes Land trat 2015 Litauen bei.
In den EU-Verträgen haben sich bis auf wenige Ausnahmen alle Staaten der Europäischen Union verpflichtet, den Euro einzuführen, sobald sie die Voraussetzungen wie Preisstabilität und solide Staatsfinanzen erfüllen. Mitte 2020 sind nun der bulgarische Lew und die kroatische Kuna in den Wechselkursmechanismus (WKM) II aufgenommen worden – die Vorstufe zur Euro-Einführung. Ein Vetorecht gegen die endgültige Aufnahme in den Euroraum gibt es damit jetzt nicht mehr, auch nicht von der Europäischen Zentralbank (EZB). Es geht jetzt nur noch um die Frage des Wann und nicht mehr des Ob.
„Aus dem Euro ergibt sich wirtschaftliche Stärke und das Bekenntnis dazu, mit der Zeit immer enger zusammenzuwachsen“, sagte nun EZB-Direktoriumsmitglied Panetta der Nachrichtenagentur dpa. „Die sukzessive Erweiterung des Euroraums zeige, wie attraktiv unsere gemeinsame Währung ist“, so Panetta. Kroatien und Bulgarien haben offiziell verkündet, dass sie darauf hinarbeiten, den Euro am 1. Januar 2023 beziehungsweise am 1. Januar 2024 einzuführen.
„Dauerhafte Stabilität nötig“
„Letztlich ist die Entscheidung über die Erweiterung des Euroraums politischer Natur, doch sie beruht auf der Beurteilung, wie es um die Einhaltung der wirtschaftlichen und rechtlichen Konvergenzkriterien bestellt ist“, sagte Notenbanker Panetta. Das Erreichen einer dauerhaften wirtschaftlichen Konvergenz sei jedoch Voraussetzung, um in den Genuss aller Vorteile der monetären Integration zu kommen, und dafür, dass die Wirtschafts- und Währungsunion reibungslos funktioniert. „Die Wirtschaftspolitik muss auf Dauer mit diesem Ziel in Einklang stehen“, sagte Panetta.
Genau da sieht Euro-Experte Issing das Problem. „Im Moment sieht es nicht so aus, dass der Euro sich verbessern würde, wenn da noch mehr Länder teilnehmen.“ Er sehe derzeit nicht, „dass einzelne Länder darauf hinreichend vorbereitet sind“, so Issing zu dpa. „Nicht jedes neue Land schwächt den Euro, davon kann keine Rede sein. Es muss aber dauerhafte Stabilität gewährleistet sein. Es reicht nicht, sich hübsch zu machen für den Moment der Hochzeit und danach wieder in alte, schlechte Gewohnheiten zurückzuverfallen.“
Issing sagte, dass schon die Heterogenität der Länder und damit auch der Interessen ein riesiges Problem für die EZB-Geldpolitik sei. „Wichtig ist, dass auch die nationalen Notenbankpräsidenten einen Kurs verfolgen, der den Euro stabil hält und sich nicht nationalen Interessen hingeben. Aber wenn der Kauf von Staatsanleihen eine so dominante Rolle in der Politik der EZB spielt, dann ist es eben sehr schwierig, nationale Belange zurückzustellen.“ Dass der Euro sein Image als „Teuro“ noch immer nicht ganz abgeschüttelt hat, kann Issing nicht nachvollziehen. „Die ,Alles wurde teurer’-Wahrnehmung geht an der Wirklichkeit vorbei“, sagte Issing.