Kritik an Rechtsform der Verantwortungs-GmbH
wf Berlin
Die Ampel-Koalition plant eine neue Rechtsform: die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmbH-gebV). Gewinne dürfen nicht ausgeschüttet werden, sie stärken das Verantwortungskapital. Scheidende Gesellschafter erhalten nur ihre Einlage zurück. Nun spricht sich der unabhängige wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium gegen die Einführung einer neuen Rechtsform mit Ausschüttungssperre aus. „Die bestehende Rechtsordnung bietet bereits ausreichenden Raum für verantwortungsvolles Unternehmertum“, sagte Beiratsmitglied Joachim Hennrichs, Leiter des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht an der Universität Köln, der Börsen-Zeitung.
Große Governance-Probleme
Der Beirat unterstütze „nachdrücklich verantwortungsvolles Unternehmertum“, betonen die Wissenschaftler in ihrer Stellungnahme. Von einer zwingenden, von den Gesellschaftern nie änderbaren Ausschüttungssperre raten sie aber aus wirtschaftspolitischer und rechtlicher Sicht ab. Die GmbH-gebV würde auch gewichtige Governance-Probleme auslösen, resümieren sie. Zudem werde mit der Vermögensbindung die Freiheit künftiger Generationen beschränkt. Überdies drohten Lücken bei der Besteuerung. Ein Mitglied äußert sich abweichend.
Diese alternative Rechtsform hatten unter anderem zahlreiche Start-up-Unternehmer gefordert. Ihnen geht es um einen Typus, in dem Menschen einem Unternehmen langfristig verbunden bleiben. Das Unternehmen soll kein Spekulationsobjekt werden. An die Stelle der Eigentümerfamilie und Erben soll eine „Fähigkeiten- und Werteverwandtschaft“ treten. Die Stiftung als Rechtsform halten sie für ungeeignet, um ein Unternehmen zu führen. Die Berliner Stiftung Verantwortungseigentum hatte in diesem August einen Gesetzentwurf zur GmbH-gebV vorgelegt.
Der wissenschaftliche Beirat äußert indessen Bedenken, Unternehmen gegen Investoren auf dem Kapitalmarkt abzuschirmen. Ähnlich der Kontrolle durch die investierten Eigentümer diene der potenzielle Einstieg externer Investoren einer guten Governance, heißt es. Reserven bei ineffizient eingesetztem Kapital könne ein externer Investor durch Reorganisation, Abspaltung von Unternehmensteilen oder Neuausrichtung heben. Allein die Möglichkeit eines Investoreneinstiegs wirke disziplinierend.
Aus steuerlicher Sicht befürchten sie unter an anderem, die GmbH-gebV werde der Erbschaft- und Schenkungssteuer entzogen. In der abweichenden Meinung werden mögliche Governance- und Erbschafsteuerprobleme zwar gesehen. Diese seien aber korrigierbar, heißt es.