Kurze Wege machen attraktiv
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Noch steht weder fest, wer dem grünen Standardsetzer vorsitzen soll, noch wie viele Beschäftigte die neue Institution haben wird, die Anfang nächsten Jahres in Frankfurt die Arbeit aufnehmen wird. Gleichwohl ist die Freude bei Banken, Verbänden und in der Politik über den Zuschlag riesig, der als Anerkennung der globalen Bedeutung des Finanzplatzes gewertet wird. Im Namen der deutschen Fondsbranche hieß etwa Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI, den International Sustainability Standards Board (ISSB) herzlich willkommen und betont, dass die Entscheidung den Finanzplatz Frankfurt im Wettbewerb mit anderen Städten stärkt. Der ISSB soll unter dem Dach der Stiftung weltweite Standards für die klimabezogene Finanzberichterstattung von Unternehmen festlegen.
Die Nähe zu Regulatoren, Aufsichtsbehörden und Standardsetzern gilt in der Finanzbranche als wichtiges Kriterium bei der Standortwahl. Kurze Wege zu den Institutionen, die für die Gestaltung der Spielregeln zuständig sind, erleichtern es den Finanzdienstleistern nicht nur, sich diese schneller zu eigen machen, sondern auch, per Dialog Einfluss zu nehmen.
Insofern hofft mancher darauf, dass der Sitz des im Entstehen begriffenen Standardsetzers für das omnipräsente Thema Nachhaltigkeit die Bankenmetropole attraktiver für Finanzdienstleister macht. Zum Beispiel Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), dem nicht wenige in der Stadt den Wegzug der traditionsreichen Automobilmesse IAA ankreiden. Der Zuschlag für den ISSB wertet er als „tollen Erfolg“ für die Stadt: „Was mich besonders freut: Die Rolle unserer Stadt als Standort für Innovation und Nachhaltigkeitsthemen wird damit weiter gestärkt.“
Der International Financial Reporting Standards Foundation (IFRS-Stiftung) dagegen, unter deren Dach das neue Gremium entsteht, ist dagegen an der Nähe zu den lokalen Stakeholdern gelegen, um eine möglichst globale Akzeptanz der Standards zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund überließ die Stiftung den Jubel am Mittwoch nicht allein der Mainmetropole, sondern betonte die Bedeutung Montreals, wo unterstützende Schlüsselfunktionen angesiedelt werden sollen. Zudem sollen Büros in London und San Francisco den Austausch mit den dortigen Marktteilnehmern erleichtern. Auch würden Gespräche über weitere Büros in Tokio und Peking geführt.
IOSCO involviert
Für die an der Gründung des ISSB beteiligte Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) steht nach Angaben ihres Vorsitzenden Ashley Alder die Bekämpfung von „Greenwashing“ im Fokus. Wie Reuters berichtet, erwägt die IOSCO daher, einen Sicherheitsrahmen zu schaffen, um die Einhaltung der ISSB-Standards zu überprüfen, wie es bei der herkömmlichen Finanzberichterstattung bereits praktiziert wird.