Labour siegt überraschend
Nigel Farages Brexit Party wird auf ihr erstes Unterhausmandat warten müssen. Obwohl viele einen Sieg der Austrittsbefürworter in Peterborough erwartet hatten, konnte Labour den Sitz halten. Bei den Tories fürchtet man, das ihnen Farage die Stimmen der Brexiteers auch anderswo abspenstig machen wird.hip London – Labour hat die Nachwahl in Peterborough mit 683 Stimmen Vorsprung für sich entschieden. Wettbüros hatten es für wahrscheinlicher gehalten, dass die Brexit Party von Nigel Farage das Rennen machen und damit ihren ersten Unterhausabgeordneten nach Westminster schicken würde. Am Ende setzte sich Lisa Forbes mit 30,9 % der Stimmen durch, eine Anhängerin von Parteichef Jeremy Corbyn, gegen die Antisemitismus-Vorwürfe erhoben werden. Der Unternehmer Mike Greene von der Brexit Party kam auf 28,9 %. Paul Bristow von den Tories erreichte dagegen lediglich 21,4 %. “Peterborough hat klar die Unterstützung für Labours Programm gezeigt, die Sparpolitik zu beenden und in Dienstleistungen und Gemeinden zu investieren, und ein Jahrzehnt der Kürzungen durch die Tories und deren katastrophalen Umgang mit dem Brexit zurückgewiesen”, sagte Corbyn. Die Konservativen seien an den Rand gedrängt worden. Umkämpfter Wahlkreis Die Labour-Abgeordnete Fiona Onasanya, die das Mandat bislang innehatte, wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Anwältin war zu schnell gefahren, hatte dann aber behauptet, ein anderer habe am Steuer gesessen. Weil sie nicht freiwillig abtrat, wurde sie von den Bürgern von Peterborough kurzerhand abgesetzt, was die Nachwahl erforderlich machte. Der Wahlkreis gehört zu den heiß umkämpften Mandaten. Bei der Wahl 2017 hatte Labour 607 Stimmen Vorsprung. Beim EU-Referendum stimmten 60,9 % für das Verlassen der EU. Die Stimmen der Austrittsbefürworter verteilten sich auf Farages neues Wahlvehikel und die Tories, was Labour den Erhalt des Mandats ermöglichte. “Die Schlüsselbotschaft von Peterborough ist: Brexit ist tot”, twitterte der Labour-Politiker Andrew Adonis. Der ehemalige Chef von Tony Blairs Number 10 Policy Unit unterstützt die Kampagne People’s Vote für ein erneutes EU-Referendum. Er wurde zwar nicht ins Europaparlament gewählt, darf aber den Rest seines Lebens als Lord im Oberhaus verbringen. “Die Konservativen müssen den Brexit bis zum 31. Oktober liefern”, lautete das Fazit des ehemaligen Außenministers Boris Johnson. Sonst könnten die Stimmen für die Brexit Party Corbyn zum Einzug in die Downing Street verhelfen, warnte er.Johnson gilt der Website “Conservative Home” als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Theresa May. Bislang stellten sich der “Financial Times” zufolge 42 Abgeordnete hinter ihn. Marcus Ball, der Gründer von “Brexit Justice”, der ein Verfahren wegen angeblichen Amtsmissbrauchs gegen Johnson lostreten wollte, scheiterte am Freitag vor dem High Court. Bis Montagnachmittag müssen die Bewerber für die Spitzenposition nach den neuen Regeln der Partei nachweisen, dass sie von mindestens acht Abgeordneten unterstützt werden. Fünf haben diese Schwelle bislang nicht erreicht, darunter auch Entwicklungshilfeminister Rory Stewart und die prominente Brexit-Befürworterin Andrea Leadsom. Unterdessen trat May in aller Stille als Parteichefin der Tories zurück.Der Rechnungshof legte offen, wie viel Geld ihre Regierung im abgelaufenen Jahr für externe Beratung zum Thema Brexit ausgegeben hat. Wie das National Audit Office ermittelte, waren es 97 Mill. Pfund. Viele Aufträge seien nach Verlängerung der Austrittsfrist fortgeschrieben worden. “Die Ministerien bereiten sich weiter auf den EU-Austritt vor und die Gesamtausgaben für die Unterstützung durch Berater werden steigen”, konstatierten die Rechnungsprüfer. Insgesamt 96 % der Aufträge mit Brexit-Bezug seien an sechs Beratungsgesellschaften gegangen. Deloitte führte mit 22 % des Auftragsvolumens die Liste an, gefolgt von PA Consulting (19 %), PwC (18 %), Ernst & Young (15 %), Bain & Company (11 %) und Boston Consulting Group (10 %).Den Ministerien fehlt es offenbar an Fachkräften. Karen Wheeler, die bei der Steuer- und Zollbehörde HMRC als Generaldirektorin der Border Delivery Group für die Vorbereitungen auf einen möglichst reibungslosen grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Brexit zuständig war, warf den Job nach nur zwei Jahren hin.