Geldpolitik

Lagarde und Lane stemmen sich gegen Inflations­furcht

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane haben sich eindringlich gegen In­flationsängste gestemmt. Sie stellen sich damit auch gegen Marktspekulationen auf eine schnellere Abkehr der EZB von der ultralockeren Geldpolitik.

Lagarde und Lane stemmen sich gegen Inflations­furcht

ms Frankfurt

EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane haben sich noch einmal eindringlich gegen In­flationsängste gestemmt – wobei sich Lagarde speziell auch an die deutsche Öffentlichkeit richtete. Sie stellen sich damit auch gegen zunehmende Marktspekulationen auf eine schnellere Abkehr der Europäischen Zentralbank (EZB) von der ultralockeren Geldpolitik, die auch durch einige mahnende Stimmen von Notenbankern zugenommen hatten. Zudem grenzen sie die EZB damit erneut von der Fed ab.

„Einige Einflussfaktoren dürften bald wieder verschwinden, etwa die preistreibenden Effekte, die sich aus gestörten Lieferketten ergeben oder aus der Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland“, sagte Lagarde laut einem am Freitag veröffentlichten Vorabbericht im Gespräch mit dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Auf diese Phänomene habe die Geldpolitik ohnehin keinen direkten Einfluss. Sie gehe davon aus, dass die Effekte weitgehend vorübergehender Natur seien und die Inflation 2022 wieder sinke. „Aus diesem Grund sollten wir jetzt nicht überreagieren“, untermauerte sie frühere Aussagen.

Auch Lane widersprach entschieden Warnungen vor einer Beschleunigung der Inflation. Es gebe „sehr solide Beweise“ dafür, dass der derzeitige Anstieg nicht von Dauer sein werde, sagte Lane am Donnerstagabend. Vieles habe mit der Wiederbelebung der Wirtschaft zu tun. „Die rote Zone für alle wäre, wenn die Inflation dauerhaft über dem Inflationsziel liegen würde“, sagte Lane: „Das ist sehr weit weg von dem, was der Euroraum derzeit erreicht.“ Die EZB müsse in der aktuellen Diskussion „ein Gegengewicht bilden“.

Die Teuerung im Euroraum ist im September auf 3,4% geklettert – der höchste Stand seit September 2008. In den nächsten Monaten könnte sie gar die Marke von 4% knacken – wie überhaupt erst einmal in einem einzigen Monat seit der Euro-Einführung. Die EZB hält den Inflationsanstieg bislang für vorübergehend. Zuletzt haben aber auch aus der Notenbank kritischere Töne zugenommen. So hatten Vizepräsident Luis de Guindos und Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel zumindest vor der Gefahr gewarnt, dass sich die Wahrnehmung der Inflation ändern und es zu Zweitrundeneffekten etwa über die Löhne kommen könne.

Neben den Inflationsdaten hatten auch die Aussagen am Geldmarkt Spe­kulationen auf eine Zinserhöhung schon Ende 2022 geschürt. Die EZB steht vor wegweisenden Entscheidungen – vor allem zur Zu­kunft des 1,85 Bill. Euro umfassenden Co­rona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP, aber auch zur Zukunft der ultralockeren Geldpolitik generell.

Bank of England im Fokus

Anders als die EZB steuert die Fed auf ein baldiges Herunterfahren ihrer billionenschweren Anleihekäufe zu. Und die Bank of England liebäugelt mit einer ersten Zinserhöhung noch in diesem Jahr. Der neue Chefvolkswirt der britischen Notenbank, Huw Pill, warnte jetzt vor einer länger anhaltenden Inflation als bislang erwartet. Das Risiko verlagere sich gegenwärtig in Richtung des Inflationsausblicks, schreibt Pill in einer Antwort auf Fragen britischer Parlamentarier. Es sind die ersten öffentlichen Bemerkungen Pills als Chefökonom der Notenbank.