Lindner will Meldepflicht für nationale Steuergestaltung einführen
Meldepflicht für nationale Steuergestaltung
Zweiter Versuch der Ampel – Widerstand in der Union – Entlastung bei kalter Progression
wf Berlin
Finanzminister Christian Lindner (CDU) nimmt einen neuen Anlauf, um eine Meldepflicht für nationale Steuergestaltung einzuführen. Mit dem Jahressteuergesetz II zum Ausgleich der kalten Progression soll auch die Abgabenordnung geändert werden. Dies war schon im Wachstumschancengesetz vorgesehen, aber im Vermittlungsausschuss an Unionsländern gescheitert. Der Steuerexperte der CDU/CSU-Fraktion, Fritz Güntzler (CDU), forderte die Bundesregierung postwendend auf, diese Pläne endlich fallen zu lassen. „Wir als Union lehnen diesen Vorschlag ab“, sagte Güntzler der Börsen-Zeitung. „Deutschland braucht weniger Bürokratie, nicht noch mehr.“
Mit dem Jahressteuergesetz II will Lindner die Steuerzahler in zwei Schritten, 2025 und 2026, um 7,0 und 12,4 Mrd. Euro entlasten. 2027 und 2028 schreibt sich die Entlastung mit 13,5 und 13,9 Mrd. Euro fort. Sie folgt aus der Erhöhung von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag sowie Kindergeld samt einer Verschiebung der Tarifeckwerte. Auch die Freigrenze für den Solidaritätszuschlag steigt. Der Beginn des Reichensteuersatzes wird diesmal nicht verschoben. Insgesamt wird der Effekt der kalten Progression ausgeglichen. Inflationsbedingte Lohnerhöhungen landen sonst in der Tasche des Fiskus.
Das Jahressteuergesetz II ist Teil des frisch vorgelegten Wachstumspakets der Ampel-Regierung. Die Spitzen der Koalition – Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) – hatten sich darauf zusammen mit den Eckwerten für den Bundeshaushalt 2025 verständigt. Der Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz wird derzeit zwischen den Ressorts abgestimmt. Am 24. Juli soll er im Kabinett beschlossen werden. Länder und Verbände haben nur eine Woche Zeit für die Stellungnahme zum Entwurf mit 103 Seiten.
Wirtschaft „fassungslos“
„Fassungslosigkeit und Frust in der BDI-Steuerabteilung“, postete deren Leiterin, Monika Wünnemann, bei Linkedin. Der Verzicht auf die Anzeigepflicht im Wachstumschancengesetz sei der Wirtschaft „als Erfolg verkauft“ worden. Statt Bürokratie abzubauen, werde neue geschaffen. „Die Bundesregierung sollte den Mut haben, auf solche unnötigen Maßnahmen zu verzichten, auch wenn sie im Koalitionsvertrag stehen“, schreibt Wünnemann. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, sprach von einem Misstrauensvotum gegenüber Unternehmern. Es sei unverständlich, dass Lindner ein „gescheitertes Bürokratiemonster“ wiederbelebe.
Güntzler fühlt sich an „Täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Im Vermittlungsverfahren zum Wachstumschancengesetz sei die innerstaatliche Anzeigepflicht auf Drängen der Länder herausgenommen worden. Nun provoziere die Bundesregierung ein erneutes Vermittlungsverfahren. Güntzler verwies auf die Auswertung der grenzüberschreitenden Meldepflichten: nur Bürokratie und keine neuen Erkenntnisse für die Finanzverwaltung. Eine Erweiterung auf innerstaatliche Meldepflichten hält er für „schädlich für unsere Wirtschaft“.
Die neuen Pläne sind identisch mit den ursprünglichen. Das Bundesfinanzministerium verweist auf den Auftrag im Koalitionsvertrag. Die rund 5.000 jährlichen Mitteilungen verursachen hohe Kosten bei Wirtschaft und Finanzverwaltung. Das Jahressteuergesetz II ist im Bundesrat zustimmungspflichtig.