FRANKREICH HAT GEWÄHLT

Macron stoppt Frankreichs Populisten

Reformpolitik aber unter Vorbehalt der Parlamentswahl im Juni - Nation tief gespalten

Macron stoppt Frankreichs Populisten

Der Linksliberale Macron wurde zum französischen Präsidenten gekürt. Viele Wähler sind aber nicht überzeugt von seinem Reformprogramm, sondern wollten nur Le Pen verhindern. Die Gefahr für Europa und die freie Gesellschaft ist noch nicht gebannt.lz Frankfurt – In Frankreich ist mit der Wahl des Proeuropäers Emmanuel Macron zum Präsidenten ein Rechtsruck und für die EU ein weiterer Schock nach dem Brexit-Votum ausgeblieben. Der Linksliberale besiegte am Sonntag in einer historischen Richtungswahl die rechtsextreme Rivalin Marine Le Pen, die das Land aus der EU und dem Euro herauslösen wollte. Macron konnte am Schluss 66,1 % der Stimmen auf sich vereinigen, Le Pen nur 33,9 %.Allerdings ist das aus Sicht des rechtsextremen Front National ein großer Fortschritt. Bei der Stichwahl im Jahr 2002 kam sie nur auf 18 %. Zudem sind so viele Wähler gar nicht zur Wahl gegangen wie zuletzt 1969. Die Wählerwanderung zeigt obendrein, dass die politische Haltung des Front National Anhänger der anderen großen Parteien gar nicht mehr so abschreckt wie früher. Noch in der Nacht gab es außerdem Straßenkrawalle mit linken Gruppierungen, und Gewerkschaften kündigten Widerstand gegen Reformen an.Das Institut de Recherches Economiques et Fiscales hat ermittelt, dass in der ersten Runde der Präsidentenwahl 55 % der Wähler einen marktfeindlichen, kollektivistischen Kurs befürwortet haben. Mehr als die Hälfte der Franzosen wünsche sich also, so der Degussa-Ökonom Thorsten Polleit, dass Frankreich und Europa sich nicht marktwirtschaftlich, sondern antimarktwirtschaftlich entwickeln würden.Macron kündigte noch in der Wahlnacht an, “Europa und seine Völker” versöhnen zu wollen. “Ich bin mir der Wut, des Zweifels und der Angst der Franzosen bewusst”, sagte er. Er will zudem die deutsch-französische Achse stärken und sich schon bald Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin treffen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel fordert bereits eine weichere Finanzpolitik gegenüber Frankreich, um Macron als Präsidenten den Rücken zu stärken: “Es muss aufhören, dass wir den Franzosen ständig mit dem erhobenen Zeigefinger gegenübertreten, nichts mitmachen und sie sozusagen um jeden Millimeter Flexibilität in der Politik betteln lassen.” Auslandsreise nach BerlinBundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zwar glücklich über den Wahlsieg Macrons, machte aber zugleich klar, dass sie an ihrer Europapolitik festhalten wolle. “Ich möchte helfen, dass in Frankreich auch vor allem die Arbeitslosigkeit sinkt.” Aber sie sehe nicht, dass Deutschland dafür nun als Erstes seine Politik ändern müsse.Vermutlich kommende Woche wird Macron ihr seine Vorstellungen in Berlin unterbreiten. Macron werde kurz nach der für den 14. Mai geplanten Amtsübergabe nach Deutschland reisen, sagte die EU-Abgeordnete Sylvie Goulard, die als Außenministerin oder sogar Ministerpräsidentin gehandelt wird, dem Sender CNews. Macrons Antrittsbesuch in Deutschland werde seine erste Auslandsreise im neuen Amt sein.Auf ein gewisses Wohlwollen der anderen Euro-Staaten ist er durchaus angewiesen, um in Frankreich seine Tatkraft unter Beweis zu stellen. Zudem benötigt er eine eigene starke Mehrheit in der Nationalversammlung, um sein ambitioniertes Programm überhaupt umsetzen zu können. Das neue Parlament wird am 11. und 18. Juni gewählt. Obwohl seine Bewegung En Marche erst vor einem Jahr gegründet wurde, könnte ihm das durchaus gelingen. Nach einer Opinionway-Umfrage könnten Kandidaten von En Marche 249 bis 286 Sitze holen. Die Konservativen wären mit 200 bis 210 Sitzen zweitstärkste Kraft. Wegen des Mehrheitswahlrechts dürften Sozialisten und Front National keine Rolle spielen.