Frankreich

Macron vor Stichwahl im Vorteil

Frankreichs Präsident festigt im Fernsehduell seinen Vorsprung in Umfragen. Herausforderin Le Pen vermeidet diesmal einen großen Fauxpas, doch ihre Angriffe laufen ins Leere.

Macron vor Stichwahl im Vorteil

wü Paris

Sie hat in Frankreich seit 1974 Tradition. Doch ob die Fernsehdebatte der Präsidentschaftskandidaten, die in der zweiten Runde am Sonntag in einer Stichwahl gegeneinander antreten, zu einer Trendwende führen kann, steht dahin. In der ersten Umfrage im Anschluss an das TV-Duell zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen hat sich nichts an dem Vorsprung des Amtsinhabers gegenüber seiner rechtsextremen Herausforderin geändert.

Demnach kann Macron in der zweiten Wahlrunde am Sonntag auf 56% der Stimmen hoffen. 41% der für die Wirtschaftszeitung „Les Echos“ befragten Zuschauer fanden Macron in dem 2,5 Stunden dauernden Rededuell überzeugender. Auf 31% machte Le Pen den besseren Eindruck, während 27% von keiner Seite überzeugt waren.

Im Vergleich zu der Fernsehdebatte, die sich Macron und Le Pen 2017 vor der Stichwahl geliefert haben, ging es diesmal wesentlich ruhiger und respektvoller zu, auch wenn Macron Le Pen vorwarf, von Russland und Putin abhängig zu sein. „Einige Monate nachdem Sie die Annexion der Krim anerkannt haben, haben Sie einen Kredit bei einer kremlnahen russischen Bank aufgenommen“, kritisierte Macron. „Sie reden mit Ihrem Bankier, wenn Sie von Russland sprechen, das ist das Problem.“ Nachdem Le Pen zunächst erklärte, das sei falsch, musste sie schließlich vor einem Millionenpublikum zugeben, den ihrer Partei von einer russischen Bank gewährten Kredit noch immer zurückzahlen zu müssen.

Die Szene steht stellvertretend für die gesamte Debatte. „Vorteil Macron“, fasste die Regionalzeitung „Sud Ouest“ die in französischen Medien vorherrschende Meinung zusammen. Zwar hat Le Pen nicht einen ganz so deutlichen Schiffbruch wie bei der Debatte vor fünf Jahren erlitten, als sie zu aggressiv und auch unkonzentriert wirkte. Doch während Macron die Debatte dominierte, weil er fachlich kompetenter wirkte, schien Le Pen diesmal alles einfach aussitzen zu wollen. Dabei hatte sie Macron eigentlich für die Bilanz seiner Amtszeit kritisieren und selbst mit Glaubwürdigkeit punkten wollen. Zwar unterlief ihr kein großer Fauxpas, doch Le Pen verstrickte sich immer wieder in Widersprüche oder vage Allgemeinplätze.

Bereits zum Auftakt der Debatte geriet sie in die Defensive, als sie sich den präzisen Fragen des amtierenden Präsidenten stellen musste. Und das ausgerechnet bei ihrem Lieblingsthema, der Kaufkraft. Während Le Pen versuchte, auch bei der Arbeitslosigkeit und der Verschuldung durch die Nennung zahlreicher Zahlen seriös zu wirken, mahnte Macron: „Wir sprechen von Menschenleben dahinter.“ Später verrechnete sie sich dann auch noch ausgerechnet bei dem umstrittenen Thema Rentenreform, mit dem sie eigentlich hätte punkten können.

Denn Macron, der versprochen hat, einen neuen Anlauf für eine Rentenreform zu machen, sollte er wiedergewählt werden, musste seit der ersten Wahlrunde zurückrudern, um den Wählern des Drittplatzierten Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon entgegenzukommen. Le Pens Versuch, seine Pläne, das Rentenalter auf 65 Jahre anzuheben, als unerträgliche Ungerechtigkeit zu bezeichnen, wehrte er geschickt ab.

Ob es Macron jedoch gelungen ist, die Wähler Mélenchons, die sich am Sonntag in großen Teilen der Stimme enthalten wollen, zu überzeugen, doch zur Wahl zu gehen, bleibt dennoch fraglich. Die Debatte dürfte vielmehr Wähler in ihren bestehenden Überzeugungen bestätigt haben. Sie hat erneut gezeigt, dass sich zwei Visionen gegenüberstehen: die eines starken Frankreichs in einem vereinten Europa und die eines nationalistischen Frankreichs, das die eigenen Interessen verfolgt und die Nähe Russlands sucht.

Bericht Seite 17

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