Serie zur US-Wahl (Teil 6): Die Kandidaten und die Medien

Maximale Präsenz auf allen Plattformen bahnt den Weg ins Oval Office

Kamala Harris lässt keine Gelegenheit aus, um ein Interview zu geben. Donald Trump spricht dagegen nur mit Medien, die ihm wohlgesonnen sind. Die unterschiedlichen Strategien könnten den Wahlausgang mitentscheiden.

Maximale Präsenz auf allen Plattformen bahnt den Weg ins Oval Office

Serie zur US-Präsidentschaftswahl: Wahlkampf und Medien (6)

Maximale Präsenz auf allen Plattformen bahnt den Weg ins Oval Office

Harris bläst mit Interviews in vielen Medien zum Angriff – Trump mit selektiven Auftritten bei konservativen Outlets

Von Peter De Thier, Washington

Zuletzt erschienen: Wahlkampffinanzierung (5.10.) Energie und Umwelt (28.9.) Steuer- und Haushaltspolitik (19.9)

Amerikas Medien sind im Wahljahr 2024 so gespalten wie die Nation selbst. Fernsehsender, Rundfunkanstalten, Zeitungen und Soziale Medien lassen in ihrer Berichterstattung die politischen Präferenzen klar durchblicken. Unterdessen verfolgen die beiden Spitzenkandidaten Kamala Harris und Donald Trump höchst unterschiedliche Strategien.

Die amtierende Vizepräsidentin nutzt die Schlussphase des Wahlkampfs, um auf einer breiten Palette von Plattformen ihre Medienpräsenz zu erhöhen. Der republikanische Ex-Präsident geht gezielter vor. Er tritt lediglich dort auf, wo kritische Fragen ausbleiben. Die meisten Experten glauben, dass Harris sich zwar gelegentlich aufs Glatteis begibt, aber dennoch den richtigen Kurs steuert.

„Fake News“

Seit Jahren klagt Donald Trump über „fake news“. Medienorganisationen, die seine politischen Pläne hinterfragen oder ihn persönlich kritisieren, verbreiten „Falschnachrichten“, schimpft der frühere Präsident auch heute noch. Eine neue Dimension nahm seine Dämonisierung angesehener Institutionen nach seiner Amtseinführung an. So behauptete der 45. Präsident, dass seine Vereidigungsfeier mehr Besucher hatte als jede andere in der US-Geschichte.

Daraufhin wurde seine Kommunikationschefin Kellyanne Conway mit Fotos der Raumfahrtbehörde NASA konfrontiert, die das Gegenteil belegten. Conway konterte mit den Worten: „Dann müssen wir uns halt auf alternative Fakten stützen.“

Diese Doktrin definiert seit 2017 nicht nur die Medienpolitik des ehemaligen Präsidenten. Auch andere Republikaner greifen auf „alternative Fakten“ zurück, wenn es darum geht, Gegner zu diskreditieren. Das hat seinerseits Folgen für den Umgang der Medien mit Trump und Harris. So geißelt Trump den Sender CNN sowie die „New York Times“ und „Washington Post“, weil diese angeblich „fake news“ kolportieren. 

Überflüssige Kommentare

Die angesprochenen Medien reagieren mit explizit sachorientierter Berichterstattung. Gleichwohl lassen auch sie immer wieder persönliche Kommentare einfließen, die den Bogen überspannen. So sah sich der CNN Moderator Jake Tapper scharfer Kritik ausgesetzt, als er über längere Zeit im Kontext der gesundheitspolitischen Debatte Aussagen zu Trumps „morbidem Übergewicht“ wiederholte.

Insofern ist Trumps Kritik an der politischen Ausrichtung führender Nachrichtenorganisationen nicht ganz abwegig. So stuft das Medienforschungsinstitut „Allsides“ nur 10 der 75 führenden Sender und Publikationen als neutral ein. 31, darunter CNN, die „New York Times“. Bloomberg, CBS News und Politico bezeichnet Allsides als entweder „links“ oder „links neigend“. 26 sind demnach rechts von der Mitte, darunter Newsmax, die „New York Post“ und die Meinungsseite des „Wall Street Journal“ (WSJ). Politische Unabhängigkeit bescheinigt das Institut unter anderem der Nachrichtenagentur Reuters, dem Nachrichtenmagazin „Newsweek“ und dem nachrichtlichen Teil des WSJ.

Plattform Truth Social

Dass Trump mit den meisten Medien auf Kriegsfuß steht, hat auch Auswirkungen auf seine politische Strategie. So hat er entschieden, in den letzten Wochen vor der Wahl seine Auftritte selektiv zu platzieren. Der Ex-Präsident führt nur noch Gespräche mit erzkonservativen Outlets, die ihm wohlgesonnen sind. Gleichwohl zeigen seine reißerischen Sprüche und Lügen etwa über haitianische Immigranten, die angeblich Haustiere essen, durchaus Wirkung.

Wie aus einer Studie des „Columbia Journalism Review“ hervorgeht, wird Trump seit Ende des demokratischen Parteikonvents im Fernsehen 46% häufiger erwähnt als Harris. Und obwohl Elon Musk schon 2022 Trumps Konto auf X wieder freigab, zieht der Republikaner es vor, auf seiner hauseigenen Plattform Truth Social zu posten.

„Trump macht Fehler“

Einen proaktiveren Ansatz hat dagegen Harris gewählt. Sie stellt sich Reporterfragen auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Auch ist ihre Präsenz in Social Media deutlich höher als die ihres Gegners. Neuerdings tritt sie in populären Podcasts auf, die konkrete Wählersegmente ansprechen, etwa Frauen oder junge Wähler. Der republikanische Stratege Brendan Buck ist überzeugt, dass diese Medienstrategie Harris helfen könnte. „Trump macht den Fehler, sein Publikum zu begrenzen, weil er Kritik vermeiden will.“ Dass er in der Schlussphase der Kampagne deutlich weniger Wähler anspricht, so Buck, könnte den Ausschlag zugunsten der Vizepräsidentin geben.       


Die jüngsten Serienbeiträge:

Teil 5 zur Wahlkampffinanzierung

Teil 4 zur Umweltpolitik

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