Konjunkturprognose

Mehr Impfen für mehr Wachstum

Die Industrieländerorganisation OECD drängt, weltweit schneller zu impfen, um die Konjunktur anzukurbeln. Für die globale Wirtschaft haben sich die Aussichten inzwischen deutlich aufgehellt.

Mehr Impfen für mehr Wachstum

wü Paris

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) appelliert an die Regierungen weltweit, die Impfkampagnen zu beschleunigen, um die Wirtschaft stärker anzukurbeln. Sicherzustellen, dass alle notwendigen Mittel zur Verfügung stünden, um Covid-Impfstoffe zu produzieren und weltweit zur Verfügung zu stellen, müsse absolute Priorität haben, fordert OECD-Chefökonomin Laurence Boone. Sie mahnt, dabei ärmere Länder nicht zu vergessen. Denn die Kosten, Ländern mit niedrigeren Einkommen Impfstoffe zur Verfügung zu stellen, seien im Vergleich zu den Vorteilen einer schnelleren und stärkeren weltweiten Erholung relativ gering.

Seit Beginn der Impfkampagnen haben sich die Vorzeichen deutlich verbessert. Das von US-Präsident Joe Biden auf den Weg gebrachte Konjunkturprogramm dürfte für zusätzlichen Antrieb sorgen. Deshalb hat die OECD ihre Prognosen jetzt teilweise deutlich angehoben. „Aber ich bin beunruhigt, dass nicht genug getan werden könnte, um das Wachstum anzukurbeln“, sagte Boone bei der Vorstellung des Zwischen-Wirtschaftsausblicks. Sie geht inzwischen davon aus, dass die Weltwirtschaft 2021 um 5,6% zulegen dürfte, nachdem sie Anfang Dezember noch mit 4,2% gerechnet hatte. Für 2022 erwartet sie einen Anstieg um 4%.

Während Großbritannien mit +5,1% in diesem und +4,7% im nächsten Jahr ein relativ starkes Wachstum verbuchen dürfte, geht die OECD für die Eurozone von einem Anstieg von 3,9% und 3,8% aus. Für Deutschland erhöhte sie ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 2,8% auf 3% und für 2022 von 3,3% auf 3,7%. Für Frankreich erwartet sie einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,9% für 2021 und um 3,8% im nächsten Jahr. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone war 2020 stärker als Deutschland von der Pandemie getroffen worden, genau wie Italien, dessen Wirtschaft in diesem Jahr 4,1% und 2022 dann 4% zulegen dürfte. Das weltweit stärkste Wachstum dürfte 2021 Indien mit einem Plus von 12,6% haben. Dort beginnt das fiskalische Jahr im April. China dürfte 7,8% zulegen. Für die USA wird ein Plus von 6,5% prognostiziert, mehr als doppelt so viel wie im vorherigen Wirtschaftsausblick.

Vorkrisenniveau in Sicht

Mitte dieses Jahres dürfte die globale Wirtschaftsleistung wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen, glauben Boone und ihr Team inzwischen – allerdings nicht in allen Ländern. Die OECD-Experten verweisen darauf, dass das Tempo und die Dauer der Erholung insgesamt davon abhängen werden, wie sich der Wettlauf zwischen Impfstoffen und den neuen Virusvarianten entwickelt. „Gelingt es uns nicht, genug Menschen schnell genug zu impfen, um die Corona-Beschränkungen lockern zu können, verzögert sich die Erholung und der Nutzen der fiskalischen Maßnahmen nimmt ab“, warnt Boone.

Zunehmende Inflationserwartungen an den Märkten und der Anstieg der öffentlichen Verschuldung gehören zu den aktuellen Risiken. Die OECD geht jedoch davon aus, dass die Grundtendenz der Teuerung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften verhalten bleiben wird und sich die Kosten für den Schuldendienst wegen der sehr niedrigen Zinsen in den meisten Industrienationen in Grenzen halten werden. Sie warnt jedoch, dass es immer mehr Anzeichen dafür gibt, dass sich Länder und Branchen unterschiedlich erholen.

Während strenge Beschränkungen das Wachstum in einigen Ländern und Dienstleistungssektoren kurzfristig bremsen, dürften andere von einer effizienten Gesundheitspolitik, schnelleren Impfkampagnen und starker politischer Unterstützung profitieren. Als Risiken benennt die OECD die anhaltende Verletzlichkeit der Finanzmärkte mit hohen Unternehmensbewertungen, den starken Anstieg von Immobilienpreisen in einigen Ländern, eine hohe Verschuldung von Unternehmen bei sinkender Qualität der Kredite und einem neuen Appetit von Investoren für riskantere Marktsegmente.

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