Metaller erzielen Pilotabschluss
ast Frankfurt
Nach wochenlangen Warnstreiks haben sich IG Metall und Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen auf einen Tarifvertrag geeinigt, der Modellcharakter für alle Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Deutschland haben soll. Die rund 700000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in NRW erhalten bis Juni eine Coronaprämie in Höhe von 500 Euro, teilten die Parteien nach dem Abschluss am frühen Dienstagmorgen mit. In der siebten Runde gelang nach zehn Stunden der Durchbruch.
Beide Seiten zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. „Dieser Tarifabschluss bietet tragfähige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: auf die akuten Probleme infolge der Corona-Pandemie ebenso wie auf die strukturellen Herausforderungen, die die Transformation für unsere Branchen mit sich bringt“, sagte Jörg Hofmann, Vorsitzender der Gewerkschaft. Der Präsident des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen, Arndt Kirchhoff, bezeichnete den Tarifkompromiss am Dienstag in Düsseldorf als „ein von Fairness, Vernunft und Weitsicht geprägtes Ergebnis in einer außergewöhnlich schwierigen Wirtschaftslage“. Es sei gelungen, den enorm heterogenen Entwicklungen Rechnung zu tragen.
Zusätzlich zu der Coronaprämie sollen Sonderzahlungen im nächsten Jahr und ab 2023 regelmäßig einmal im Jahr kommen. Dieses „Transformationsgeld“ kann auch zur Arbeitszeitverkürzung eingesetzt werden und damit die Beschäftigung in der Branche sichern, die mit bundesweit 3,9 Millionen Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber im Land ist. Die Beschäftigungssicherung habe bei allen die größte Rolle gespielt, sagte Kirchhoff. „Für uns ist es ganz wichtig, dass unsere Unternehmen wie schon im Jahr 2020 auch im Jahr 2021 keine Erhöhung der Tabellenentgelte verkraften müssen.“
Eckart Tuchtfeld, Ökonom der Commerzbank, bewertete den „sehr moderaten“ Abschluss ebenfalls positiv: „Dies zeigt einmal mehr, dass die Tarifparteien in Deutschland insbesondere in Krisenzeiten zur Kooperation bereit sind. Das macht den Standort Deutschland wieder etwas attraktiver.“ Auch Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf zeigte sich zufrieden und empfahl die bundesweite Übernahme der neuen Tarifregeln. Aus anderen Bundesländern kam ebenfalls Zustimmung. So begrüßte der bayerische Arbeitgeberverband VBM den Abschluss. Den Arbeitgebern komme entgegen, dass eine dauerhafte Tariferhöhung vermieden wurde: „Es gibt keine tabellenwirksamen Belastungen in diesem zweiten Coronajahr“, erklärte VBM-Geschäftsführer Bertram Brossardt.
Trotz der Empfehlung der Tarifparteien ist die Übernahme für andere Bundesländer nicht ausgemacht. Hofmann sagte, in vielen Regionen gebe es auch lokale Themen, die gelöst werden müssten. Aber inmitten der schweren Krise habe man erreicht, dass die Krisenfolgen nicht einseitig bei den Arbeitnehmern abgeladen würden. Der neue Tarifvertrag läuft bis Ende September 2022. Neben den Prämien erhöhen sich ab Juli die Löhne und Ausbildungsvergütungen um 2,3%. Diese Erhöhung erhalten die Arbeitnehmer erst nach acht Monaten im Februar 2022, wenn sie die 18,4% in Summe überwiesen bekommen. Hierbei handelt es sich um den Einstieg in eine jährlich wiederkehrende Zahlung.
Kritisiert an der Vereinbarung wird nun insbesondere die kurze Laufzeit des Vertrags. Eine längere Laufzeit hätte den Unternehmen mehr Planungssicherheit gegeben – insbesondere im kommenden Jahr, wenn sich abzeichnet, wie gut die einzelnen Firmen die Coronakrise weggesteckt haben. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach hingegen von einem richtungsweisenden Abschluss. Es sei ein Tarifpaket geschnürt worden, das auch kleine und mittlere Betriebe auf dem Weg aus der Krise nicht überfordere.