Modis Sieg öffnet Weg zu neuen Reformen in Indien

Ausbau von Infrastruktur und Sanierung des Staatshaushaltes im Fokus - Zinssenkung erwartet

Modis Sieg öffnet Weg zu neuen Reformen in Indien

eh Hongkong – Indiens Premierminister Narendra Modi und seine hindunationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) haben in den allgemeinen Parlamentswahlen einen durchschlagenden Sieg errungen. Dank einer absoluten Mehrheit im 545 Sitze zählenden Unterhaus kann der 68-jährige Modi in seiner zweiten fünfjährigen Amtszeit die Modernisierung der drittgrößten asiatischen Volkswirtschaft kraftvoll vorantreiben.Hoch oben auf der Reformagenda steht der Ausbau der überlasteten Infrastruktur, die Straffung der notorisch ineffizienten Bürokratie und nicht zuletzt auch die weitere Sanierung des Staatshaushaltes. “Eine Fortsetzung der Strukturreformagenda von Premierminister Modi würde der Wirtschaft und den Unternehmen Indiens Auftrieb geben und wäre positiv für den Aktienmarkt”, sagt Kristy Fong vom britischen Finanzhaus Aberdeen Standard Investments. Für solche Erwartungen gibt es gute Gründe, hat seit Jahrzehnten kein anderer indischer Regierungschef über so viel innenpolitisches Kapital verfügt. Das zeigt sich schon einmal daran, dass erstmals seit 1984 ein Premierminister zwei direkt aufeinanderfolgende Parlamentswahlen gewonnen hat.Dabei fällt der Leistungskatalog von Modis BJP durchzogen aus, und das obwohl Indien China seit längerem schon als die am schnellsten wachsende größere Volkswirtschaft der Welt überholt hat. Gemäß Schätzungen der Asiatischen Entwicklungsbank wird das indische Bruttoinlandsprodukt im laufenden und kommenden Jahr deutlich über 7 % expandieren. Verbessertes InvestitionsklimaKlar verbessert hat sich in den vergangenen fünf Jahren das Investitionsklima dank der Einführung einer auf Waren und Dienstleistungen erhobenen landesweiten einheitlichen Umsatzsteuer. Das hat die Integration des über 1,3 Milliarden Konsumenten zählenden Binnenmarktes maßgeblich vorangetrieben. Dank eines neuen Insolvenzgesetzes konnte auch die Stellung von Kapitalgebern gegenüber säumigen Unternehmen gestärkt werden. Katastrophal wirkte sich hingegen der am 8. November 2016 ohne vorherige Ankündigung erfolgte Rückzug von 86 % alles im Umlauf befindlichen Bargeldes aus. Die Demonetarisierung, die als Schlag gegen die weit verbreite Korruption gedacht war, traf vor allem ärmere Bevölkerungsschichten hart und bremste das Wirtschaftswachstum scharf ab. Ein Problem bleiben die mit einem hohen Anteil fauler Schulden kämpfenden staatlich kontrollierten Banken sowie die anhaltend tiefen Einkommen der ländlichen Haushalte.Solche und ähnliche Probleme haben ab der zweiten Hälfte 2018 die Konjunkturlage eingetrübt und damit auch die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand in 45 Jahren getrieben. Modi musste vor allem auch deshalb noch vor wenigen Wochen um seinen Wahlsieg bangen. Doch ging die BJP mit einem stramm nationalhinduistischen Kurs auf Stimmenfang. Der schrill geführte Wahlkampf zeigte zwar die erwünschte Wirkung, doch bergen die gerufenen Geister auch erhebliches innen- und außenpolitisches Gefahrenpotenzial in sich.Es muss sich jetzt erst zeigen, ob Modi fähig ist, Indien aus dieser Ecke herauszusteuern. Die dafür erforderlichen externen und internen wirtschaftlichen Voraussetzungen sind dabei nicht schlecht, so etwa der Marschhalt der US-Notenbank in ihrer Geldpolitik oder auch der jüngst erneut deutlich gefallene Erdölpreis. Indien ist mit seinem doppelten Defizit in der Zahlungs- und Handelsbilanz auf den Zufluss von ausländischem Kapital und niedrigen US-Leitzinsen angewiesen.Auch ist die weltweit fünftgrößte Volkswirtschaft weit weniger von Exporten abhängig als andere asiatische Volkswirtschaften und ist damit auch weniger den Unwägbarkeiten des amerikanisch-chinesischen Handelskrieges ausgesetzt. Vor allem aber liegt die Inflation mit noch 2,9 % im April deutlich unter der Zielmarke der Notenbank. Es wird damit erwartet, dass die Reserve Bank of India den Leitzins im Juni bereits das dritte Mal dieses Jahr um 25 Basispunkte auf 6 % senken wird. Sanierung der StaatsbankenÖkonomen der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley gehen denn auch davon aus, dass sich die Investitionstätigkeit in der zweiten Hälfte 2019 deutlich erholen wird. Das nicht nur deshalb, weil Modi die Sanierung der Staatsbanken vorantreiben und damit die Kreditvergabe ankurbeln will. Auch zieht Indien in wachsendem Maß ausländische Direktinvestitionen an.Vor allem dürfe in den kommenden Monaten auch der Konsum der Privathaushalte durch die im Wahlkampf gemachten Versprechungen kräftig Impulse erhalten. Modi hat für den Fall einer zweiten Amtszeit Direktzahlungen an über 100 Millionen ärmere Haushalte in Aussicht gestellt.