Moskau bedient Kredite offenbar
rec Frankfurt
Die russische Regierung scheint einen Zahlungsausfall fürs Erste abgewendet zu haben. Das Finanzministerium hat nach eigenen Angaben von Dienstag eine weitere Zinszahlung für eine Fremdwährungsanleihe überwiesen. Die Summe in Höhe von knapp 66 Mill. Dollar war zu Wochenbeginn fällig. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hat die US-Bank J.P. Morgan die entsprechende Überweisung abgewickelt. Unterdessen hat die Ratingagentur S&P angekündigt, bis Mitte April sämtliche Bewertungen für russische Titel zurückzuziehen.
Für Investoren dürfte es damit in Zukunft noch schwieriger werden, ihre Risiken im Russlandgeschäft abzuschätzen – sofern sie sich nicht ohnehin bereits zurückgezogen haben. S&P ist nach Scope die zweite Ratingagentur, die aufgrund verschärfter Sanktionen seitens der EU mit ihrem Geschäftsbetrieb in Russland auch sämtliche Bewertungen des Landes einstellt. S&P und Scope hatten ebenso wie Fitch und Moody’s Russlands Bonität seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine drastisch in den Ramschbereich herabgestuft – an die Schwelle zum Zahlungsausfall.
Als wichtige Tests für die Zahlungsfähigkeit der russischen Regierung gelten zwei Dollar-Anleihen, für die jüngst Kuponzahlungen fällig waren. Nach einer mehrtägigen Geduldsprobe mehrten sich rund um das Wochenende Anzeichen, dass Zinszahlungen die Gläubiger erreichen. Moskau selbst hatte daran angesichts von Kapitalverkehrskontrollen und anderen Gegensanktionen Zweifel geschürt.
Auf die zwischenzeitliche Verspätung hatte S&P noch mit einer weiteren Herabstufung reagiert. Nun gab die US-Ratingagentur bekannt, bis 15. April alle Ratings mit Bezug zu Russland zurückzuziehen. Damit komme man Sanktionen der EU nach. Die europäische Ratingagentur Scope hatte bereits vorige Woche diesen Schritt mit sofortiger Wirkung bekannt gegeben.
Trotz der offenbar geleisteten Zinszahlungen halten sich am Markt Zweifel über Russlands Zahlungsfähigkeit. Mit besonderer Spannung wird der 4. April erwartet: Dann ist auf einen Schlag eine Fremdwährungsanleihe im Volumen von 2 Mrd. Dollar zur Rückzahlung fällig. Darüber hinaus hat Moskau nach Bloomberg-Berechnungen in den kommenden zweieinhalb Monaten Kuponzahlungen über rund eine halbe Milliarde Dollar zu leisten. Ein wesentlicher Teil der Devisenreserven der Zentralbank ist durch Sanktionen blockiert. Problematisch ist die Lage auch für russische Konzerne: Der Stahlkonzern Severstal ist mit einer Kuponzahlung in Verzug. Eine Gnadenfrist endet an diesem Mittwoch.
Mit Wiedereröffnung des Anleihehandels in Moskau ist die russische Zentralbank dazu übergegangen, Lokalwährungsanleihen zu erwerben. Auf diese Weise will sie nach eigener Auskunft das Finanzsystem stabilisieren. Der Handel mit Anleihen war aufgrund von Verwerfungen drei Wochen lang unterbrochen.
Bericht Seite 20