Geldpolitik

Neue Nahrung für die Tauben im EZB-Rat

Bereits den sechsten Monat in Folge sinkt die Inflationsrate der Erzeugerpreise auf Jahressicht. Die Teuerung dürfte sich daher mittelfristig auch bei den Verbraucherpreisen verlangsamen. Für die Verfechter einer lockeren Geldpolitik spricht dies für einen kleinen Zinsschritt im Mai.

Neue Nahrung für die Tauben im EZB-Rat

Neue Nahrung für die Tauben im EZB-Rat

Erzeugerpreise sinken überraschend deutlich – Inflationsdruck dürfte weiter abnehmen, aber hoch bleiben

Bereits den sechsten Monat in Folge sinkt die Inflationsrate der Erzeugerpreise auf Jahressicht. Die Teuerung dürfte sich daher mittelfristig auch bei den Verbraucherpreisen verlangsamen. Für die Verfechter einer lockeren Geldpolitik spricht dies für einen kleinen Zinsschritt im Mai um 25 Basispunkte.

mpi Frankfurt

Die Entwicklung der Erzeugerpreise deutet auf einen künftig abnehmenden Inflationsdruck hin und gibt den Verfechtern einer lockeren Geldpolitik im EZB-Rat, den Tauben, neue Argumente an die Hand. Bereits das sechste Mal in Folge nahm die Teuerungsrate gegenüber dem Vorjahresmonat ab. Gewerbliche Produkte kosteten im März 7,5% mehr als noch vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Der Rückgang fällt um einiges stärker aus, als von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen im Schnitt erwartet hatten. Diese hatten mit einer Rate von 9,8% gerechnet.

Den Höhepunkt hatte es im August gegeben, als die Erzeugerpreise auf Jahressicht um 45,8% anzogen. Seitdem sinkt die Jahresrate. Vor allem deswegen, weil sich die Situation an den Energiemärkten ein wenig entspannt hat. Zudem liegt der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine über ein Jahr zurück, so dass die Werte inzwischen mit Daten nach Kriegsbeginn verglichen werden. Außerdem wirkt sich inzwischen die Strom- und Gaspreisbremse dämpfend auf die Preisentwicklung aus. Diese ist jedoch bislang nur zum Teil in den aktuellen Zahlen berücksichtigt, da noch nicht alle auskunftspflichtigen Energieversorger ihre Zahlen dazu an das Statistische Bundesamt gemeldet haben.

Die Erzeugerpreise geben einen Hinweis darauf, wie sich mit Verzögerung die Verbraucherpreise entwickeln könnten. Hersteller geben ihre gesunkenen und gestiegenen Kosten in der Regel zumindest teilweise an ihre Kunden weiter. Die Entwicklung sei ein Indiz dafür, „dass der Inflationsdruck deutlich und zügig abnimmt“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.

Klammert man jedoch die Energiepreise aus, gibt es zwar immer noch einen abnehmenden mittelfristigen Trend bei der Entwicklung der Erzeugerpreise – allerdings einen deutlich schwächeren (siehe Grafik). Dies ist ein Indiz dafür, dass der Inflationsdruck abseits der Energiepreise zwar ebenfalls abnimmt, aber deutlich langsamer. Ein Hinweis auf den weiterhin hohen Inflationsdruck ist zudem die Entwicklung der Kerninflation bei den Verbraucherpreisen, wo neben den Energie- auch die Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt werden. Diese befindet sich mit 5,7% auf einem Rekordhoch und stieg zuletzt Monat für Monat leicht an.

Daher wird die EZB wohl noch mehrere Zinserhöhungen beschließen. Der Inflationskampf sei noch nicht beendet, bekräftigte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Der niederländische Notenbankpräsident Klaas Knot plädierte am Donnerstag in einem Interview mit der irischen „Times“ für eine straffere Geldpolitik. „Die Inflation ist immer noch viel zu hoch. Wir brauchen einen ausreichend restriktiven Kurs. Wo ist ausreichend restriktiv? Ich weiß es nicht, aber eindeutig nicht dort, wo wir heute sind.” Mit weiteren Erhöhungen um insgesamt 75 Basispunkte auf den kommenden Zinssitzungen fühle er sich „nicht unwohl”.