Europäische Union

Neujustierungen in der EU-Außenpolitik

Die EU-Kommission hat eine Strategie vorgelegt, die ein stärkeres Engagement im indopazifischen Raum vorsieht. Das EU-Parlament forderte zugleich aber auch Änderungen in der Politik gegenüber China und Russland.

Neujustierungen in der EU-Außenpolitik

ahe Brüssel

In der Europäischen Union wird die Debatte über Neujustierungen in der Außenpolitik lauter. Während das EU-Parlament Änderungen sowohl in der China- als auch der Russland-Politik forderte, fokussiert sich die EU-Kommission derzeit auf eine neue Indopazifik-Strategie. Nach Einschätzung der Brüsseler Behörde gewinnt der Raum von der Ostküste Afrikas bis hin zu den pazifischen Inselstaaten in wirtschaftlicher, demografischer und politischer Hinsicht immer mehr an Bedeutung, weshalb die Partnerschaften dort ausgebaut werden sollen.

„Die Zukunft der EU und des indopazifischen Raums sind eng miteinander verknüpft“, betonte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag in Brüssel. Die EU ist bereits der größte Investor und einer der wichtigsten Handelspartner der indopazifischen Region. Zu den wichtigsten Punkten in der neuen Strategie gehören jetzt der Abschluss der Handelsverhandlungen mit Australien, Indonesien und Neuseeland, die Wiederaufnahme der Handelsgespräche mit Indien sowie der Abschluss von Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit Malaysia und Thailand.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte, es sei höchste Zeit, dass die EU in Asien-Pazifik einen gemeinsamen Ansatz fahre. Die neue Strategie schafft eine gute Grundlage dafür, viel stärker als bisher in der wichtigsten globalen Wachstumsregion präsent zu sein und europäische Standards und Werte global zu vertreten.

Das EU-Parlament verabschiedete unterdessen mit jeweils großer Mehrheit zwei Resolutionen, die auf die China- und die Russland-Strategie abzielen. Gefordert wird darin unter anderem eine Aufstockung der Ressourcen zur Überwachung und Bekämpfung chinesischer Desinformation. Beim Ausbau der europäischen 5G- und 6G-Netze sollen chinesische Unternehmen ausgeschlossen werden, die Sicherheitsstandards nicht erfüllen. Die Abgeordneten wollen zwar eine Zusammenarbeit mit Peking fortsetzen, etwa in den Bereichen Klimawandel, nukleare Abrüstung oder auch Reform multilateraler Organisationen. Sie verlangen von China aber zugleich einen regelmäßigen Menschenrechtsdialog und eine unabhängige Untersuchung der Herkunft der Corona-Pandemie. Der Ratifizierungsprozess des umfassenden Investitionsabkommens (CAI) soll zudem erst starten, wenn China die Sanktionen gegen einige Europaabgeordnete und EU-Institutionen­ wieder aufhebt.

In der Russland-Politik will das EU-Parlament eine neue Strategie zur Förderung der Demokratie, die sich auf der einen Seite gegen die aggressive Politik des Kremls wehrt, aber gleichzeitig den Grundstein für eine Zusammenarbeit mit einem künftigen demokratischen Russland legt. Gefordert wird, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischem Gas, Erdöl und anderen Rohstoffen verringert – solange Präsident Wladimir Putin im Amt ist. Zudem solle die EU Kapazitäten aufbauen, um die „Ströme schmutzigen Geldes aus Russland aufzudecken“ und die versteckten Vermögen russischer Oligarchen in der EU offenzulegen.