Norwegen

Norges Bank steuert auf Zinserhöhung zu

Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) scheuen bislang jede Debatte über ein Zurückfahren der Corona-Krisenmaßnahmen. In Norwegen dagegen könnte bald sogar der Leitzins erhöht werden.

Norges Bank steuert auf Zinserhöhung zu

Norwegen schickt sich an, das erste fortgeschrittene Land zu werden, in dem nach Überwindung der akuten Coronakrise die Zentralbank ihren Leitzins erhöht. Die Norges Bank untermauerte gestern nach ihrer Sitzung ihre Einschätzung, dass der Leitzins von aktuell 0% in der zweiten Jahreshälfte 2021 erhöht werden könnte. Mit der zunehmenden Impfung der Bevölkerung werde die wirtschaftliche Aktivität im Jahresverlauf zunehmen – was dann steigende Zinsen angemessen erscheinen lasse. Beobachter spekulieren nun, dass es bereits im September so weit sein könnte.

Im Kampf gegen die Coronakrise hatten die Zentralbanken weltweit zu beispiellosen Zinssenkungen, Anleihekäufen und anderen Maßnahmen gegriffen. Inzwischen erholt sich die Wirtschaft rund um den Globus spürbar, aber insbesondere in den Industrieländern halten die Zentralbanken an den Krisenmaßnahmen fest. Vor allem die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) scheuen bislang jede Debatte über ein Zurückfahren der Hilfen. Die Bank of England allerdings kündigte am Donnerstag eine Drosselung ihrer monatlichen Anleihekäufe an (siehe Texte auf dieser Seite).

Die dänische Zentralbank hatte zwar bereits Mitte März einen ihrer Leitzinsen erhöht. Das Ziel der Dänen war jedoch, die Wechselkursbindung der dänischen Krone zum Euro aufrechtzuerhalten – es ging nicht um eine Straffung der Geldpolitik. Das wäre bei der avisierten Zinserhöhung der norwegischen Zentralbank anders – was die Norges Bank in eine deutliche Gegenposition insbesondere auch zur EZB bringt.

„Wenn es deutliche Anzeichen für eine Normalisierung der wirtschaftlichen Bedingungen gibt, wird es wieder angemessen sein, den Leitzins schrittweise vom heutigen Niveau anzuheben“, erklärte der norwegische Zentralbankchef Øystein Olsen am Donnerstag. Das werde nach der aktuellen Einschätzung der Währungshüter in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein, erklärte er.

Anders als noch im März betrachten die Notenbanker die Unsicherheit über die Erholung der Wirtschaft nicht mehr als „erheblich“. Laut Beobachtern deutet diese Änderung darauf hin, dass die Norges Bank eine Zinserhöhung bereits im September vornehmen könnte – anstatt noch länger zu warten. „Die Zentralbank ist wahrscheinlich zuversichtlicher geworden, da sie sieht, dass sich die Aktivität in Ländern, in denen ein großer Teil der Bevölkerung geimpft wurde, zu normalisieren beginnt“, hieß es bei der Großbank Nordea. Die ING Bank setzt indes weiter auf eine Zinserhöhung im Dezember.

In Tschechien ließ die Zentralbank am Donnerstag ihre Leitzinsen erneut unverändert. Der Schlüsselsatz liegt bei 0,25%. Die Inflation in Tschechien hat zuletzt stärker angezogen als von der Zentralbank erwartet. Zugleich lässt die wirtschaftliche Erholung länger auf sich warten.

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