Notenbanker Holzmann heizt EZB-Debatte an
ms Frankfurt
Einen Tag vor der heutigen Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) hat Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann mit der Aussage aufhorchen lassen, dass die EZB womöglich schneller aus ihrer jahrelangen ultralockeren Geldpolitik aussteigen könnte, als viele derzeit denken. Holzmann ist zwar als Hardliner („Falke“) im EZB-Rat bekannt, und die Aussagen stammen aus einem Beitrag im Fachmagazin „Eurofi“, das mit einigem zeitlichen Vorlauf vorbereitet wird. Trotzdem verstärkten die Aussagen die Nervosität und die Spannung vor der Sitzung.
Der EZB-Rat steht heute vor einer richtungsweisenden Sitzung. Bei dem Treffen dürfte es vor allem um das 1,85 Bill. Euro umfassende Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP gehen. Primär geht es zwar nur um die Frage, ob das im März erhöhte Kauftempo im vierten Quartal wieder gedrosselt wird. Darüber schwebt aber auch die Frage nach der Zukunft von PEPP selbst. Die „Falken“ dringen wegen der Konjunkturerholung und der steigenden Inflation auf ein zeitiges Auslaufen im März 2022. Die „Tauben“ mahnen zur Vorsicht und warnen vor der großen Unsicherheit.
Holzmann hatte sich bereits vor einigen Tagen für eine Drosselung von PEPP ausgesprochen und damit für herbe Verluste an den Börsen gesorgt. In dem „Eurofi“-Beitrag schrieb er nun: „Die Möglichkeit besteht (…), dass wir in der Lage sein könnten, die Geldpolitik früher zu normalisieren, als die meisten Finanzmarktexperten erwarten.“ So könne zum Beispiel durch die globalen Lieferengpässe und durch den Arbeitskräftemangel in einigen Sektoren mehr Inflationsdruck entstehen. Zudem könnten die während der Pandemie aufgestaute Nachfrage und die gestiegenen Ersparnisse einen Schub bei den Konsumausgaben auslösen. Holzmann erwähnte auch Kosteneffekte durch die Umsetzung von Klimapolitik-Maßnahmen.
Auch die Politik diskutiert inzwischen munter mit über den weiteren EZB-Kurs. „Ich erwarte mir von der EZB-Präsidentin, dass sie nun ein klares Signal für einen baldigen Ausstieg aus dem PEPP sendet“, erklärte der CSU-Europaabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Markus Ferber, am Mittwoch. „Wenn die EZB trotz der derzeitigen Wirtschaftslage immer noch nicht die Kurve bekommt, setzt sie sich immer mehr dem Verdacht aus, dass sie mit ihren Anleihekaufprogrammen eigentlich monetäre Staatsfinanzierung betreibt“, so Ferber weiter.
Dagegen hatte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni die EZB zu Wochenbeginn eher vor einer verfrühten Verschärfung der Geldpolitik gewarnt. Das wäre „ein großer Fehler“, hatte der Italiener gesagt. Der aktuelle starke Inflationsanstieg sei wohl nur vorübergehend.