OECD warnt vor weiteren Lohnkürzungen

Industrieländerorganisation fordert die Politik auf, mehr auf Strukturreformen zu setzen

OECD warnt vor weiteren Lohnkürzungen

wü Paris – Der schwache Wirtschaftsaufschwung wird nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den Industriestaaten nur zu einer leichten Verbesserung der Arbeitslosigkeit führen. Weitere Lohnkürzungen in den Ländern, deren Arbeitsmärkte am stärksten unter der Wirtschaftskrise gelitten hätten, könnten zu einem Anstieg der Armut führen und das Deflationsrisiko vergrößern, warnte die OECD bei der Vorstellung ihres neuen Beschäftigungsausblicks in Paris.Laut ihren Berechnungen sind die Reallöhne seit 2009 kaum gestiegen und in Ländern wie Griechenland, Irland, Slowenien sowie Spanien sogar um 2 % bis 5 % jährlich gesunken. OECD-Generalsekretär Angel Gurria plädierte deshalb für eine Stärkung der Wirtschaftskraft. Statt weiterer Lohnkürzungen müsse sie mit Hilfe von strukturellen Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unterstützt werden. Auch wenn Lohnkürzungen geholfen hätten, in Ländern mit entsprechenden Defiziten die Arbeitslosigkeit in Grenzen zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, wären weitere Lohnsenkungen kontraproduktiv, warnte Gurria. Sie würden weder neue Jobs noch mehr Nachfrage schaffen.Auch wenn die Arbeitslosenquote in den 34 OECD-Mitgliedsländern von durchschnittlich 8 % Ende 2012 bis Ende 2015 auf 7,1 % sinken dürfte, verbessert sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu langsam, heißt es. Für den Euroraum erwartet die Organisation für diesen Zeitraum einen Rückgang der Arbeitslosigkeit von derzeit 11,6 % auf 11,2 %. Allerdings prognostiziert sie für Griechenland, Spanien, Italien und Portugal weiter schlechte Zahlen, auch wenn die Arbeitslosigkeit dort inzwischen wieder etwas zurückgegangen ist.In Spanien beispielsweise liegt die Arbeitslosenquote noch immer bei 24,5 %. Sie dürfte nach der OECD-Prognose bis Ende 2015 lediglich auf 23,9 % sinken. Dagegen gehören Deutschland und die USA zu den Ländern mit den niedrigsten Arbeitslosenquoten unter den Industrieländern. In der Bundesrepublik wird sie danach von 5,1 auf 4,7 % fallen, in den USA von 6,2 auf 5,9 %.Sorge bereitet der Organisation mit Sitz in Paris vor allem die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit, die seit Beginn der Krise stark zugenommen hat und weiter steigt. So hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit 2007 mehr als verdoppelt, so dass im ersten Quartal 16,3 Millionen Personen seit mehr als einem Jahr arbeitslos waren. Das entspricht mehr als einem Drittel der 45 Millionen Arbeitslosen in den 34 OECD-Ländern.Diesbezüglich nimmt die OECD gerade Deutschland in den Blick. Während der deutsche Arbeitsmarkt im internationalen Vergleich insgesamt gut abschneidet, entwickelt sich die Langzeitarbeitslosigkeit hierzulande schlechter als in anderen Staaten. Denn in der Bundesrepublik sind 45,4 % der Betroffenen seit mehr als einem Jahr arbeitslos. In Frankreich sind es 40,8 %. Es gehe jetzt nicht darum, einfach mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sondern bessere Arbeitsplätze, sagte Stefano Scarpetta, bei der OECD für Beschäftigung, Arbeit und Soziales zuständig. Er plädierte für Reformen vor allem im Dienstleistungssektor, um den Wettbewerb zu steigern und Regulierungen aufzuweichen, die bisher die Gründung von Unternehmen erschweren. Frankreich und ItalienWährend in Ländern wie Irland, Portugal und Spanien bereits Reformen durchgeführt worden seien, lägen in Frankreich und Italien allenfalls die Vorschläge auf dem Tisch und müssten noch umgesetzt werden, erklärte er.Die OECD-Experten plädierten zudem für Maßnahmen, um einen Wechsel von einem Unternehmen und einer Branche zur anderen und damit die Mobilität zu erleichtern. Da zudem die Zahl unregelmäßiger Jobs auf Zeitarbeitsbasis zugenommen hat, plädiert die Organisation auch dafür, die ungleiche Absicherung von Festangestellten und Beschäftigten mit Zeitverträgen anzupassen, beispielsweise durch einheitliche Arbeitsverträge.