Steuerpolitik

Ökonomen raten Brüssel zum Rückzug aus globaler Mindeststeuer

Die globale Mindeststeuer ist tot. Wegen des Wegbleibens der USA würde sich die EU nur ins Abseits stellen und mit Nachteilen zu kämpfen haben, warnen Ökonomen. Brüssel muss zur Rückabwicklung schreiten.

Ökonomen raten Brüssel zum Rückzug aus globaler Mindeststeuer

Ökonomen raten Brüssel zum Rückzug aus der Mindeststeuer

Neue Lage nach Trumps Absage an Steuerkooperation

lz Frankfurt

Nachdem US-Präsident Donald Trump die Mitwirkung der USA an einer globalen Mindeststeuer für die Zukunft ausgeschlossen hat, muss sich die EU nach Meinung von Ökonomen steuerpolitisch neu aufstellen. Europa befinde sich in einer „Lose-lose-Situation“, sagte Sean Bray, Direktor der „Tax Foundation Europe“, bei einer Debatte des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und riet zur Rückabwicklung. Denn da sich nun auch der große US-Wirtschaftsraum den Regeln verweigere, dürften viele andere Länder ebenfalls mit der Implementation zögern. Europa, das die Vorgaben bereits implementiert hat, stehe dann nahezu allein da.

Die globale Mindeststeuer für Großkonzerne wurde 2021 als Errungenschaft für mehr Steuergerechtigkeit gefeiert. Sie sollte sicherstellen, dass Unternehmen weltweit mindestens 15% Steuern auf ihre Gewinne zahlen, egal in welchem Land sie diese erwirtschaften. Wenn ein Konzern weniger zahlt, darf das Land, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, die Differenz nachbesteuern. So wollte man unterbinden, dass Konzerne ihre Gewinne in Steueroasen verschieben. In Deutschland gelten die Regeln seit 2023.

Nur noch ein Torso

Bislang haben 137 Staaten bekundet, die Regeln einzuführen. Allerdings wurden diese bisher nur von 36 Ländern tatsächlich umgesetzt, darunter die EU, Kanada und Australien. Ohne die USA, meint Katharina Nicolay, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung, sei das Vorhaben nur noch ein Torso. Die EU sei kaum in der Lage, gegenüber anderen großen Wirtschaftsräumen wie China, Indien oder den USA auf Einhaltung zu pochen, ohne selbst Geschäft zu verlieren.

ZEW-Steuerexperte Christoph Spengel meldete insgesamt Zweifel an der Mindeststeuer an. Ursprünglich sei man für Deutschland von Gewinnverschiebungen bis zu 40 Mrd. Euro ausgegangen. Jüngste Daten legten nun ein Volumen von 20 Mill. Euro nahe. Die Umsetzungskosten seien mit 150 Mill. Euro viel höher.

„Ganz im Sinne Trumps“

Gefährlich wird die Lage nach Meinung der Ökonomen auch, wenn Europa andere Länder zur Einhaltung zwingen will. Dann, so die Ökonomen, müsse man mit Gegenreaktionen etwa der USA rechnen. Brüssel wird in diesem Zusammenhang auch vorgeworfen, einseitig zu agieren. Europäer würden Unternehmen eher über Subventionen stützen als über Steuernachlässe. Insgesamt erwarten die Steuerexperten, dass bei Anwendung der Mindeststeuer entweder Auslandsinvestitionen zurückgehen, andere Länder einen Bogen um Europa machen oder heimische Unternehmen gar auswanderten. Und das, so Bray, wäre „dann ganz im Sinne von Trump“.

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