Parlamentswahl mischt Frankreich auf

Macron-Lager gewinnt absolute Mehrheit - Sprecher kündigt Regierungsumbildung an

Parlamentswahl mischt Frankreich auf

Macrons Partei gewinnt in der Nationalversammlung eine komfortable Mehrheit, doch der rechtsextreme Front National kann mehr Sitze verbuchen. Auch die Partei von Linkspopulist Mélenchon zieht erstmals in den Landtag ein.wü Paris – Nach der zweiten Runde der Parlamentswahl, die der Partei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Sonntag eine absolute Mehrheit eingebracht hat, kündigte Regierungssprecher Christophe Castaner gestern eine Regierungsumbildung an. Diese werde aber nur einen geringen Umfang haben und eher technischer Natur sein, erklärte er. Premierminister Edouard Philippe solle auch an der Spitze der künftigen Regierung stehen. Sie soll in den nächsten Tagen ernannt werden. Dabei dürften besonders umfangreichen Ressorts, wie dem von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, mehr Staatssekretäre zur Seite gestellt werden, heißt es in Paris.Macron hatte zur Bedingung gemacht, dass die sechs Minister, die bei der Parlamentswahl angetreten waren, bei einem Sieg auch in die Nationalversammlung gewählt werden. Das ist allen gelungen. Nach Informationen des “Figaro” soll Macron jedoch den wegen eines umstrittenen Immobiliengeschäfts unter Druck geratenen Minister für territorialen Zusammenhalt, Richard Ferrand, gebeten haben, sein Ministeramt aufzugeben. Stattdessen solle Ferrand die Gruppe von Macrons Partei La République En Marche (LREM) in der Nationalversammlung leiten, berichtet die Zeitung.Dort kommt LREM zusammen mit ihrem Allianzpartner, der Zentrumspartei Modem, mit 350 von 577 Sitzen auf eine komfortable Mehrheit. Allerdings blieben 57,36 % der über 47 Millionen französischen Wahlberechtigten den Urnen fern. Regierungssprecher Castaner wertete diese Rekordenthaltung als Zeichen für die Notwendigkeit einer politischen Wende. “Dies war nicht der wahre Sieg, dieser wird in fünf Jahren errungen, wenn wir die Dinge verändert haben”, sagte er dem Radiosender RTL.Dafür wird entscheidend sein, wie Frankreichs neues Staatsoberhaupt sein Programm nun durchsetzt. Gegenwind aus dem Parlament muss er dabei jedoch nicht fürchten, da es dort keine starke Opposition mehr gibt. Die beiden großen Parteien, die bisher die Politik in Frankreich bestimmten, stürzten beide ab. So verfügen die Sozialisten nur noch über 44 Sitze und die konservativen Republikaner zusammen mit ihren Verbündeten über 131. Sozialisten-Chef Jean-Christophe Cambadelis trat noch am Sonntagabend zurück. Der Kollaps seiner Partei sei nun perfekt. Sie müsse nun von der Spitze an erneuert werden, erklärte er.Der rechtsextreme Front National (FN) stellt in der Assemblée Nationale künftig acht statt bisher zwei Abgeordnete, darunter Parteichefin Marine Le Pen. Mit weniger als 15 Mandaten kann er aber keine Fraktion bilden. Im Gegensatz zu Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise, der in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen auf 19,6 % der Stimmen gekommen war. Seine Partei kommt jetzt auf 17 Abgeordnete, darunter Mélenchon. Die ihr nahestehenden Kommunisten kommen auf zehn Abgeordnete. La France Insoumise war bisher nicht in der Nationalversammlung vertreten und will nun weitere Abgeordnete anderer, kleinerer Parteien für ihre Fraktion dort gewinnen. Mélenchon kündigte bereits an, er werde künftig die Speerspitze des sozialen Widerstands gegen die Politik der neuen Regierung verkörpern. Durch die Wahl wird die Nationalversammlung stark erneuert, denn nur 142 der 577 Mitglieder der bisherigen Nationalversammlung behielten ihren Sitz. Unter den 577 Abgeordneten sind nun 223 Frauen, dies sind 38,7 %. Bisher gehörten 155 Frauen der Nationalversammlung an.