DEUTSCH-FRANZÖSISCHE INITIATIVE

Plädoyer für ein stärkeres Europa

Merkel und Macron wollen als Reaktion auf die Krise auch mehr Souveränität der EU - Neue Debatte über europäische Champions

Plädoyer für ein stärkeres Europa

Deutschland und Frankreich plädieren als Reaktion auf die Coronakrise für eine weitere Stärkung der EU. Auch Vertragsänderungen werden nicht ausgeschlossen. Zu mehr Souveränität der Union sollen auch europäische Champions beitragen.ahe Brüssel – Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron haben eine Debatte über eine weitere Stärkung der EU angestoßen. Bei der Vorstellung der deutsch-französischen Vorschläge für einen Wiederaufbaufonds verwiesen beide darauf, dass die EU im Zuge der Pandemie in die schlimmste Krise ihrer bisherigen Geschichte gerutscht sei und dass daraus Lehren gezogen werden müssten.Nach den Worten von Merkel sollte die ohnehin geplante Konferenz zur Zukunft Europas daher anders gestaltet werden als zunächst beabsichtigt. Man müsse auf dieser Konferenz ernsthaft über das sprechen, was Europa in der jetzigen Krise nicht habe ausreichend leisten können und was die Zukunft der Union ausmachen solle, sagte sie. Dies könne auch Änderungen der europäischen Verträge mit einschließen und dies könne auch ein “viel engeres Zusammenrücken” einschließen. Europa müsse nun weiterentwickelt werden. Der Nationalstaat allein habe keine Zukunft, betonte Merkel.Die deutsch-französische Erklärung verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf eine “strategische Souveränität im Gesundheitssektor”, die angestrebt werden solle. Die Erarbeitung einer europäischen Gesundheitsstrategie solle Abhängigkeiten verringern. Genannt werden dabei unter anderem der Aufbau gemeinsamer strategischer Lagerbestände von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie europäische Beschaffungspolitiken für zukünftige Impfstoffe und Behandlungsmethoden.Präsident Macron forderte “eine echte europäische Souveränität”. Wenn man eine solche wolle, müsse man aber auch das EU-Wettbewerbsrecht anpassen, sagte er – auch mit Blick auf europäische Champions.Merkel unterstützte den Vorstoß, gezielt eigene Unternehmen auf dem globalen Markt zu stärken. Bisher habe man in der EU zu sehr auf den Wettbewerb innerhalb Europas geschaut – im Gegensatz zu Ländern wie den USA, China oder Südkorea, die gezielt globale Champions aufgebaut hätten. Das werde nun auch die EU in den Investitionen zur Krisenbewältigung tun. Die Europäische Union fördere bereits heute strategische Projekte etwa in der Produktion von Computerchips oder Batteriezellen, sagte die CDU-Politikerin: “Diese Bestrebungen wird man jetzt bestärken.” Dies sei keine Abschottung, stellte Merkel klar. Europa solle aber über essenzielle Fähigkeiten künftig auch selbst verfügen. Klima und DigitalisierungNach Einschätzung von Deutschland und Frankreich sollte daher auch das vorgeschlagene 500-Mrd.-Euro-Programm zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach Ende der Coronakrise vor allem in strategische Zukunftsfelder investieren. In der gemeinsamen Erklärung von Berlin und Paris wurde ausdrücklich der europäische Green Deal als die neue EU-Wachstumsstrategie genannt sowie eine beschleunigte Digitalisierung. Die Rede war in diesem Zusammenhang von “nachhaltigem digitalen Fortschritt und digitaler Souveränität”. Merkel hob hervor, Investitionen in diese Bereiche würden eine neue Dynamik erzeugen und seien damit auch ein Beitrag für die Zukunft der Europäischen Union.Zu den Lehren der Krise gehört nach Einschätzung von Macron und Merkel auch eine weitere Stärkung des Binnenmarktes sowie eine Diversifizierung von Lieferketten. Gefördert werden solle dabei auch eine “ehrgeizige und ausgewogenen Freihandelsagenda” mit der Welthandelsorganisation WTO im Zentrum.