Ifo-Studie

Reform des Wohngelds kann Arbeit ausweiten

Eine Reform der Grundsicherung könnte den Fachkräftemangel bekämpfen: Eine Ifo-Studie hat Lösungen für mehr Arbeitsanreize und Effizienz im System parat.

Reform des Wohngelds kann Arbeit ausweiten

Wohngeldreform hilft Arbeitsmarkt

Ifo-Studie legt Novellen im Transfersystem nahe – Anreize für mehr eigenes Einkommen würden steigen

Staatliche Transfers senken vielfach den Anreiz, Arbeit aufzunehmen oder auszuweiten. Dies ist je nach Lebenssituation und Einkommensklasse sehr unterschiedlich. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo zeigt, wie eine Reform von Bürgergeld und Wohngeld mehr Menschen in Beschäftigung bringen könnte.

wf Berlin

In Zeiten des Fachkräftemangels könnte eine Reform der Grundsicherung in Deutschland Arbeit für mehr Menschen attraktiv machen. Am erfolgversprechendsten für den Arbeitsmarkt wäre es, Wohngeld und Bürgergeld zusammenzuführen. Dies haben Forscher des Ifo-Instituts in einer Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ermittelt. „Eine Integration des Wohngeldes in das Bürgergeld und eine gleichzeitige Reform der Erwerbstätigenfreibeträge könnten mehr Arbeitsanreize schaffen und das System effizienter machen“, erklärte Andreas Peichl, Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. Das Arbeitsangebot könnte der Studie zufolge gegenüber der aktuellen Situation um rund 144.000 Vollzeitäquivalente zunehmen. Zudem würde das Budget entlastet.

Die Kurzexpertise des Ifo-Instituts baut auf einer Studie vom Jahresbeginn zu Bürgergeld und Lohnabstand auf. Das Bundessozialministerium hatte sie in Auftrag gegeben. Nach der deutlichen Erhöhung der Regelsätze für das Bürgergeld zum Jahresbeginn 2024 war eine öffentliche Debatte über das „Lohnabstandsgebot“ in Gang gekommen. Die Forscher hatten zwar konstatiert, dass auch nach der Erhöhung des Bürgergelds der Lohnabstand spürbar sei, aber gleichwohl eine Reform nahegelegt: Trotz des Lohnabstands bestehe für geringe und mittlere Einkommen nur ein „teilweise äußerst geringer Anreiz“, ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten oder das Bruttoeinkommen zu erhöhen.

Wachstumsinitiative der Ampel

Nicht untersucht wurden damals die Wirkungen der übrigen Sozialtransfers über das Bürgergeld hinaus. Dies holt die Kurzexpertise im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums nun nach. Analysiert werden verschiedene Optionen für eine Reform von Bürgergeld, Wohngeld und Kindergrundsicherung. Dem Wirtschaftsministerium ist vor allem an den Arbeitsmarkteffekten gelegen. Die Ampel hatte sich in der jüngst beschlossenen Wachstumsinitiative darauf verständigt, Anreize zur Ausweitung des heimischen Arbeitsangebots zu setzen.

Die Untersuchung über verschiedene Einkommenshöhen etwa bei einem Single-Haushalt zeigt, dass in dem Einkommensbereich, in dem Transferentzug und die einsetzenden Zahlungen für Steuern und Sozialabgaben zusammenkommen, das verfügbare Einkommen bei ausgeweiteter Arbeit kaum steigt. Ähnliche Effekte, wenn auch andere Verläufe, zeigen verschiedene Familienkonstellationen. Insgesamt gilt das Transfersystem als intransparent.

Optionen auch für Familien

Mit Blick auf die Arbeitsmarkteffekte favorisiert das Ifo, das Wohngeld im Bürgergeld aufgehen zu lassen. Das bisherige Wohngeld würde bei der Reform komplett in die Kosten der Unterkunft (KdU) integriert, erläuterte Ifo-Forscher Maximilian Blömer. Zugleich soll das Bürgergeld großzügiger gestaltet werden. Dafür könnten die Anrechnungsbeträge für Erwerbseinkommen im Bürgergeld auf 65% gesenkt werden. Das Bürgergeld wird in unterschiedlich hohen Raten zwischen 70% und 100% je nach Verdiensthöhe abgeschmolzen. Das Budget würde durch geringeren Transferbezug entlastet. Rund 1,6 Millionen Haushalte mehr würden Bürgergeld bekommen, aber 1,8 Millionen weniger Wohngeld.

Um Nachteile für Haushalte mit Kindern abzumildern, kann dem Ifo zufolge die Anrechnung des Elterneinkommens beim Kinderzusatzbetrag gesenkt werden oder die Berechnungsformel für den Wohngeldanspruch angepasst werden. Die erste Option führt zu 25.000 Vollzeitäquivalenten beim Arbeitsangebot.

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