Reformen in Brasilien wieder auf der Zielgeraden
af Buenos Aires – Am Dienstag wird der brasilianische Senat voraussichtlich ein Kernstück der Reformagenda der Regierung Temer beschließen: In der “Verfassungsergänzung Nummer 55/2016” wird festgelegt, dass die Staatsausgaben künftig nicht mehr stärker steigen dürfen als die Inflation. Nachdem die neue Regierung auch in der zweiten Kammer über eine bequeme Mehrheit verfügt, wird mit einer Verabschiedung der Gesetzesänderung gerechnet, die bereits im Oktober vom Kongress angenommen wurde.Die für Temers Reaktivierungspläne zentrale Reform stand in dieser Woche plötzlich in Frage, nachdem ein Verfassungsrichter am Montag den Senatspräsidenten Renan Calheiros seines Amtes enthoben hatte – wegen einer der zwölf Korruptionsanzeigen, die gegen ihn vorliegen. Richter Marco Aurélio Mello befand, dass Calheiros einen Lobbyisten die Schulausbildung seiner außerehelichen Tochter bezahlen ließ, und setzte ihn ab. Doch der, Schlüsselfigur im Impeachment-Verfahren gegen Dilma Rousseff und führendes Mitglied von Präsident Temers Partei PMDB, weigerte sich offen, sein Amt dem bisherigen Stellvertreter Jorge Viana zu überlassen. Dieser gehört nämlich zur Arbeiterpartei PT der abgesetzten Dilma Rousseff. Viana hatte bereits angekündigt, er denke nicht daran, den Sitzungsplan einzuhalten. Eine weitere Verzögerung der Reformen, gegen die es im ganzen Land bereits heftige Proteste gibt, zeichnete sich ab.Doch am Ende konnte der Präsident aufatmen, denn das Tribunal Supremo Federal revidierte nun die Entscheidung des Richters Mello und setzte Calheiros wieder ein. Mit sechs zu drei Stimmen befanden die obersten Richter, die Absetzung von Calheiros sei “unverhältnismäßig hart” gewesen. Allerdings beschlossen die Richter, dass Calheiros wegen seiner Verfehlung kein möglicher Amtsnachfolger für Temer sein dürfe. Die Entscheidung des obersten Gerichts ist keineswegs unumstritten. “Die obersten Richter signalisieren, dass Calheiros stärker ist als sie”, kritisierte der Juraprofessor Ivar Hartmann von der Stiftung Getúlio Vargas. Gegen Calheiros sind beim obersten Gerichtshof noch weitere elf Klagen anhängig; die Mehrzahl davon betreffen den Korruptionsfall Petrobras. Zuletzt wurden Abhörprotokolle publik, die Calheiros’ Absicht dokumentierten, die Kronzeugenregelung, mit der dieser Skandal aufgeblättert wird, abzuschaffen.