Regierung soll Wachstum treiben

Wirtschaftsforschungsinstitute raten zu Steuer- und Abgabensenkung

Regierung soll Wachstum treiben

Die Wirtschaftsforschungsinstitute raten der Bundesregierung zu einer wachstumsfreundlicheren Politik. Zudem dringen sie auf eine solide Finanzierung der gesetzlichen Rente.wf Berlin – Höheres Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland kann die Bundesregierung durch ein Paket von finanz- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen bewirken. Zu diesem Schluss kommen die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer gemeinschaftlichen Frühjahrsdiagnose. “Die Wachstumspolitik der Bundesregierung ist noch ausgesprochen unklar”, sagte Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), vor der Presse in Berlin. Er verwies auf das außergewöhnlich günstige Umfeld mit extrem geringen Zinsen und einem niedrigen Ölpreis.Die Forscher hatten in der Frühjahrsprognose ihre Erwartung für das BIP-Wachstum in Deutschland auf 1,6 % korrigiert, 0,2 Prozentpunkte weniger als noch im Herbst prognostiziert. 2017 soll das BIP um 1,5 % zulegen. Als Grund für die Korrektur nannte der Chefökonom des Münchner Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser, die Tatsache, “dass sich die Weltwirtschaft Ende 2015 merklich abgekühlt hat”. Die Ursache liege außerhalb Deutschlands. “Nicht zufriedengeben”Mit der Wachstumsrate hierzulande könne man nicht zufrieden sein, sagte Fichtner. Die Forscher empfehlen, in der Finanzpolitik die öffentlichen Mittel von konsumtiven hin zu investiven Ausgaben zu verschieben. Nötig seien zudem Ausbau der Infrastruktur sowie stärkere Ausgaben in Forschung und Bildung zum Aufbau von Humankapital. Die Steuer und Abgabenbelastung soll die Regierung senken, sofern es Spielraum gebe. Diesen Spielraum sehen die Forscher durchaus. Wollmershäuser plädierte dafür, den Staatshaushalt strukturell ausgeglichen zu fahren. Die “schwarze Null”, die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für 2017 erneut anstrebt, sei nachrangig, da dies eine konjunkturbereinigte Zahl sei. Strukturelle – also konjunkturbereinigte – Überschüsse sollten verwendet werden, um die Belastung des Faktors Arbeit zu senken.Mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung, Geringverdienern eine Lebensleistungsrente zu versprechen, warnten die Forscher vor einer Finanzierung aus den Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rente. Soziale Leistungen müssten aus dem Steueraufkommen getragen werden, machte Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung deutlich. Die gesetzliche Rentenversicherung halten die Forscher mit Blick auf die Alterung der Gesellschaft ohnehin nicht für nachhaltig finanziert, unterstriche Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Es gehe kein Weg an Beitragserhöhungen, Abschlägen an der Rentenhöhe oder einer längeren Lebensarbeitszeit vorbei.Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) stufen die Forscher in der aktuellen Lage als angemessen ein. Sie sprachen sich aber zugleich gegen weitere Lockerungen aus. Die wachstumspolitischen Möglichkeiten der Geldpolitik seien ausgereizt. Mittelfristig sei mehr Wachstum nur durch Strukturreformen im Euroraum zu erreichen. Für Griechenland halten die Forscher einen Schuldenschnitt für unumgänglich. Dies hatten sie früher schon gesagt.