Rückschlag für britische Covid-19-Impfkampagne
hip London
Südafrika hat die geplante Impfung von medizinischem Personal mit dem Sars-CoV-2-Impfstoff von AstraZeneca ausgesetzt. Vorläufige Ergebnisse einer bislang unveröffentlichten wissenschaftlichen Studie der University of the Witwatersrand und der Universität Oxford hatten gezeigt, dass das Produkt des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens nur „minimalen Schutz“ vor milden bis moderaten Krankheitsverläufen der südafrikanischen Variante des Coronavirus bietet. Sie ist auch unter dem Namen 501.V2 oder B.1.351 bekannt. „Alle Impfstoffe sind ein wirksamer Schutz gegen Tod und schwere Krankheitsverläufe“, sagte der britische Premierminister Boris Johnson. Es gebe „keinen Beweis“ dafür, dass der „Oxford-Impfstoff“ nicht gegen schwere Verläufe schütze, sagte der Gesundheitsstaatssekretär Edward Argar. Und auch der Leiter der südafrikanischen Studie, Professor Shabir Madhi, geht davon aus, dass das AstraZeneca-Präparat davor schützt, durch die neue Variante schwer zu erkranken.
Südafrika hatte Ende Januar die erste Million Dosen des von der FTSE-100-Gesellschaft gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelten Impfstoffs erhalten. Bei der Immunisierung von medizinischem Personal ist von entscheidender Bedeutung, dass die Geimpften sich nicht doch infizieren und dann auch andere anstecken können. Für Risikogruppen ist dagegen wichtig, schwere Verläufe zu verhindern.
„Quasi wirkungslos“
Der für das britische Impfprogramm verantwortliche Staatssekretär Nadhim Zahawi bat die Bevölkerung, nicht das Vertrauen zu verlieren. Gleichwohl ist die Nachricht, dass die Übertragung des Virus offenbar nicht gestoppt wird, ein herber Rückschlag für die Impfkampagne in Großbritannien, wo sich 501.V2 an mehreren Orten bereits lokal ausbreitet. Sie ist Wasser auf die Mühlen der Impfgegner. Zudem lässt sie das AstraZeneca-Produkt im Vergleich zu den Erzeugnissen von Pfizer/Biontech und Moderna als minderwertige Alternative erscheinen – ein Eindruck, der dadurch noch verstärkt wird, dass Belgien, Italien und Spanien den Impfstoff nur an unter 55-Jährige verabreichen wollen, Deutschland nur an unter 65-Jährige. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte auf dem Höhepunkt des Impfstoffstreits zwischen der EU und dem Hersteller behauptet, das Produkt sei für über 65-Jährige „quasi wirkungslos“. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte sowohl das britische Zulassungsverfahren als auch den Fokus darauf, möglichst vielen Menschen eine erste Dosis zu geben, in Frage gestellt.
Unterdessen zeigte eine im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlichte Studie der Universität Oxford, dass ihr Impfstoff gegen die herkömmlichen Varianten des Virus ab Tag 22 bis Tag 90 nach der ersten Dosis eine Wirksamkeit von 76% zeigt. Wird die zweite Dosis wie in Großbritannien nach drei Monaten verabreicht, liegt die Wirksamkeit bei 82%. Die Übertragung des Virus lasse sich durch die Impfung um 67% vermindern. Wenig später teilte die Hochschule mit, dass ihr Impfstoff auch gegen die zuerst im englischen Kent nachgewiesene Variante B.1.1.7 schütze. Professor Sarah Gilbert, die Leiterin der Studie, sagte, es liefen bereits Anstrengungen, Auffrischimpfstoffe zu entwickeln, die gegen neue Varianten schützen. Man habe immer damit gerechnet, dass sich im weiteren Verlauf der Pandemie neue Varianten des Virus durchsetzen könnten und eine neue Version des Impfstoffs notwendig werden könnte, um die Wirksamkeit aufrechtzuerhalten.