Ukraine-Krieg

Russland droht Einsatz in Transnistrien an

In dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Transnistrien hatten lokale Behörden Zwischenfälle gemeldet. Die Vereinten Nationen erwarten, dass weitere drei Millionen Menschen aus der Ukraine flüchten.

Russland droht Einsatz in Transnistrien an

Reuters/dpa-afx Chisinau/Genf

Russland droht nach Berichten über Anschläge in dem Separatistengebiet Transnistrien in Moldau indirekt mit einem militärischen Einsatz in der Region. Das Außenministerium in Moskau warnte vor einem Szenario, in dem Russland intervenieren müsse, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA, ohne Details zu nennen. Der schmale Landstreifen Transnistrien grenzt an die Ukraine. Die ukrainische Regierung äußerte Befürchtungen, Russland könne planen, von Transnistrien aus den Westen des Landes anzugreifen. Moldaus Präsidentin Maia Sandu verurteilte die Anschläge als Versuch, den Frieden in der Region zu stören, und erklärte, ihr Land sei bereit zu einer friedlichen Lösung der Konflikte.

In dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Transnistrien hatten lokale Behörden mehrere Zwischenfälle gemeldet. Explosionen sollen das Hauptquartier der Staatssicherheit erschüttert und zwei Sendemasten aus Sowjetzeiten beschädigt haben. Auch eine Militäreinheit sei angegriffen worden. Kurz darauf erklärte der Sprecher des russischen Präsidialamtes Dmitri Peskow, Russland beobachte die Vorgänge sehr genau. Moldaus Präsidentin Sandu hatte wegen der Vorkommnisse den Obersten Sicherheitsrat des Landes einberufen.

In Transnistrien sind seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre russische Soldaten stationiert. Nur Russland hat den schmalen Landstreifen als unabhängig anerkannt, international wird das nicht unterstützt. Seine Grenze ist etwa 40 Kilometer von der ukrainischen Hafenstadt Odessa entfernt, deren Einnahme eines der erklärten Kriegsziele Russlands ist. Im Westen grenzt Moldau an das EU- und Nato-Mitglied Rumänien. Moldau hat zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.

Die Ereignisse in Transnistrien gleichen der Eskalation vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Die russische Regierung hatte zunächst ohne Belege auf Zwischenfälle in den selbst ernannten, prorussischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine verwiesen. Den eigentlichen Einmarsch rechtfertigte Präsident Wladimir Putin unter anderem mit der unbelegten Behauptung, in beiden Regionen müsse ein Völkermord verhindert werden.

Die Vereinten Nationen stellen sich auf drei Millionen weitere Flüchtlinge durch den russischen Krieg gegen die Ukraine ein. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rechnet jetzt in diesem Jahr damit, dass insgesamt 8,3 Millionen Menschen aus der Ukraine fliehen, sagte eine UNHCR-Sprecherin. Zurzeit hätten knapp 5,3 Millionen Flüchtlinge die Grenzen zu Nachbarländern überquert. Die Schnelligkeit, mit der die Flüchtlingskrise sich entwickele, sei in jüngster Zeit beispiellos. Weltweit seien nur aus Syrien mehr Menschen geflohen, aber über einen sehr viel längeren Zeitraum.

Zur Unterstützung der Geflüchteten benötige das UNHCR 1,85 Mrd. Dollar (1,73 Mrd. Euro), hieß es. Damit sollen Menschen in Ungarn, Moldau, Polen, Rumänien, der Slowakei, Bulgarien, Tschechien und Belarus bis Ende des Jahres unterstützt werden. Im Land selbst sind nach UN-Schätzungen 7,7 Millionen Menschen durch die Angriffe aus ihren Städten und Dörfern vertrieben worden und auf der Flucht. Vor dem Krieg hatte die Ukraine etwa 44 Millionen Einwohner.

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