Spanien

Sánchez setzt Reformen durch

Auf den letzten Drücker hat die spanische Regierung eine Arbeitsmarktreform und den Haushalt für 2022 gestemmt. Damit erfüllt sie Vorgaben der EU-Kommission und macht den Weg für EU-Gelder frei.

Sánchez setzt Reformen durch

ths Madrid

Ungewöhnliche Betriebsamkeit zwischen den Feiertagen in Spanien: Das Unterhaus des Parlaments hat grünes Licht für den Haushaltsplan 2022 gegeben, nachdem eine Änderung im Senat eine erneute Abstimmung erforderlich gemacht hatte. Praktisch zur gleichen Zeit verabschiedete das Kabinett der Minderheitsregierung aus Sozialisten (PSOE) und dem Linksbündnis Unidas Podemos eine umfangreiche Reform des Arbeitsmarktes. Diese hatte sie kurz vor Heiligabend mit den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften vereinbart.

„Diese beiden großen Abkommen zum Jahresende sollten nur das Vorwort für das sein, was im nächsten Jahr kommt“, erklärte Ministerpräsident Pedro Sánchez im Unterhaus. Für den Schlussspurt der Reformvorhaben hatte der sozialistische Regierungschef sein Kabinett zuletzt zweimal die Woche tagen lassen. Die Europäische Kommission hatte eine Reform des Arbeitsmarktes und des Rentensystems vor Jahresende verlangt, im Gegenzug für den Erhalt von bis zu 140 Mrd. Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds, je zur Hälfte Direkthilfen und Kredite.

Diese Hausaufgaben hat die Minderheitsregierung erledigt, aber die endgültige Benotung steht noch aus. Die Reform des Rentensystems ist erst zur Hälfte durch. Die Pensionen werden an die Inflation gekoppelt, das Renteneintrittsalter steigt. Doch der wichtigste Aspekt, die nachhaltige Finanzierung des Systems, steht noch aus und soll 2022 verhandelt werden, wenn möglich im Einklang mit den Tarifpartnern.

Alle machen Zugeständnisse

Der Durchbruch bei der Überholung des Arbeitsmarktes ist ein großer Erfolg für die Regierung, denn lange galt die Zustimmung des Unternehmerdachverbandes CEOE als unsicher. Am Ende machten alle Seiten Zugeständnisse. Die Linken verzichteten auf ihre radikaleren Vorstellungen, um eine einvernehmliche Reform zu erreichen. „Der Dialog ist das Markenzeichen dieser Regierung“, erklärte Arbeitsministerin Yolanda Díaz von Unidas Podemos, eine von Sánchez’ Stellvertreterinnen.

Das Hauptanliegen war die Bekämpfung der hohen Zeitarbeitsquote, bei der Spanien zur Spitze in Europa zählt (siehe Grafik). Jeder vierte Job ist zeitlich begrenzt, manchmal sind es Monate, oft aber nur Wochen oder sogar Tage. Die Zahl der Zeitverträge wird mit der Reform arg reduziert, und die Strafen für Missbrauch ziehen empfindlich an. Branchen wie der Tourismus sollen Gebrauch von einem saisonalen Festvertrag machen, bei dem der Arbeitnehmer nur einige Monate im Jahr arbeitet, aber seinen Job fürs nächste Jahr gesichert hat.

Bei den Tarifverträgen hat fortan wieder die Abmachung auf Branchenebene Vorrang vor Verträgen auf Ebene der Betriebe. Zum Leidwesen der Gewerkschaften wurde der Kündigungsschutz nicht angetastet. Die krisenbedingte Kurzarbeit, die sich während der Pandemie bewährt hat, wird in dem Gesetzpaket für andere Umstände genauer verankert und ausgebaut.

Die Arbeitsmarktreform tritt per Dekret zwar sofort in Kraft, dennoch muss das Parlament sie bestätigen. Noch sträuben sich die üblichen Partner der Sánchez-Regierung. Die baskischen und katalanischen Nationalisten fordern Nachbesserungen. Doch der Vorsitzende der Arbeitgeber, Antonio Garamendi, warnte, die CEOE werde ihre Unterstützung zurückziehen, „wenn auch nur ein Komma geändert wird“.

Sánchez und seine Minister vertrauen darauf, dass die kleineren Partner der Arbeitsmarktreform ge­nauso zustimmen werden, wie sie es beim Haushalt getan haben. Der Durchbruch beim Finanzplan ermöglicht den Erhalt der ersten 27 Mrd. Euro aus dem EU-Fonds im nächsten Jahr. Die Regierung vertraut auf eine konjunkturelle Wiederbelebung bis zu den nächsten Wahlen Ende 2023.

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