Covid-Nulltoleranz

Schanghai-Lockdown belastet Chinas Wirtschaft

Der Lockdown in Chinas Wirtschaftsmetropole Schanghai wirkt sich auf die Wirtschaft des gesamten Landes aus. Noch behalten die Ökonomen ihre Prognosen aber bei.

Schanghai-Lockdown belastet Chinas Wirtschaft

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Nach mittlerweile zwei Wochen hartem Lockdown für die Wirtschafts- und Handelsmetropole Schanghai und bei wenig Aussicht auf eine rasche Lockerung der Totalsperre zeichnen sich schwere wirtschaftliche Verwerfungen mit landesweiten Folgen ab, die Chinas Konjunkturperspektiven in den kommenden Monaten schwer eintrüben werden. Auch wenn die Nervosität steigt, gibt es bislang aber keine Anzeichen dafür, dass die Pekinger Führung von ihrer als „Covid-Nulltoleranz“ apostrophierten Linie abweichen wird und – wie noch Anfang März versprochen – bereit ist, Lockdown-Bestimmungen so auszutarieren, dass negative Wirtschaftsfolgen minimiert werden.

Chinas Regierungschef Li Keqiang hat jetzt zum dritten Mal binnen einer Woche Warnungen zu aufkommenden Konjunkturrisiken geäußert und für verstärkte Wirtschaftsunterstützungsmaßnahmen plädiert, ohne allerdings einen Richtungswechsel bei der Coronapolitik zu thematisieren. Damit zeichnet sich bereits ab, dass auch weitere Großstädte und Industriegürtel in zu Schanghai angrenzenden Provinzen auf Restriktionen zusteuern, die die Gestalt eines harten Lockdowns an­nehmen könnten. Solange Schanghai nicht wieder öffnet, sind Kumulierungseffekte via Lieferketten zu befürchten, die sehr rasch auf andere Wirtschaftszentren unabhängig von ihrer geografischen Entfernung zum Jangtse-Flussdelta übergreifen werden.

Gegenwärtig liegt der mediale Fokus im In- und Ausland bei der Situation im Drehkreuz Schanghai mit dem weltgrößten Containerhafen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass bereits in zahlreichen anderen chinesischen Großstädten behördliche Vorkehrungen zur Pandemiekontrolle getroffen werden, die die Wirtschaftsaktivität deutlich einschränken, das Konsumvertrauen angreifen und die Reise- und Tourismusbranche mitsamt dem Messe- und Konferenzwesen völlig brachliegen lässt.

In einer jüngsten Einschätzung der Investmentbank Nomura befinden sich neben Schanghai nun bereits 45 chinesische Großstädte und Ballungsgebiete mit insgesamt rund 370 Millionen Einwohnern, also gut einem Viertel der Gesamtbevölkerung, in einem Zustand des partiellen oder weitgehenden Lockdowns. Da­mit hat sich binnen nur einer Woche das Spektrum der von Corona-Restriktionen direkt betroffenen Bevölkerung fast verdoppelt.

Gegenwärtig scheuen China-Ökonomen weitere Rücknahmen der Prognosen für Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 und verorten das Wachstum bei 5% – was nur geringfügig unter dem Anfang März von der Regierung postulierten offiziellen Wachstumsziel von 5,5% liegt. Möglicherweise werden sie ihre Zurückhaltung aufgeben, wenn am Montag mit den chinesischen BIP-Daten für das vom Ukraine-Krieg und von Chinas Coronapolitik nur partiell belastete erste Quartal eine Bestandsaufnahme erfolgt.

Wertberichtigt Seite 8

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