EZB

Schnabel warnt vor Inflationsgefahren

Für die Sitzung im Dezember hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde wichtige Entscheidungen angekündigt. Weniger als einen Monat vor dem Termin nimmt die Debatte unter den Euro-Notenbankern immer mehr Fahrt auf.

Schnabel warnt vor Inflationsgefahren

ms Frankfurt

Weniger als einen Monat vor der wegweisenden EZB-Sitzung Mitte Dezember nimmt die Debatte unter den Euro-Notenbankern über die hohe Inflation und die angemessene geldpolitische Reaktion immer mehr Fahrt auf. Dabei mehren sich deutlich die Stimmen, die sich besorgter über die Inflationsentwicklung äußern – und das nicht nur unter den Hardlinern im EZB-Rat. Andere Notenbanker halten indes weiterhin dagegen.

Für die Sitzung im Dezember hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde wichtige Entscheidungen angekündigt. Als nahezu ausgemacht gilt, dass das 1,85 Bill. Euro umfassende PEPP-Programm im März 2022 beendet wird. Unklar ist aber, wie es danach weitergeht – ob etwa das parallele Anleihekaufprogramm APP aufgestockt wird. Heftig umstritten im EZB-Rat ist vor allem auch die Frage, ob und wie die PEPP-Flexibilität er­halten werden soll.

Die Euro-Inflation ist zuletzt auf 4,1% geklettert – so hoch wie zuvor nur ein einziges Mal seit der Euro-Einführung 1999. Die EZB sieht das bislang aber als vorübergehend an und hält deshalb an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest. Der hartnäckige Preisdruck schürt aber zunehmend Zweifel an dieser Sichtweise.

Am Dienstag sagte nun EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel, dass sie für die Euro-Inflation Aufwärtsrisiken sehe. „Es ist plausibel anzunehmen, dass die Inflation mittelfristig unter unser Ziel von 2% fallen wird. Allerdings sind die Risiken für die Inflation eher nach oben gerichtet“, sagte Schnabel zu Bloomberg. „Die Unsicherheit über Tempo und Ausmaß des Rückgangs hat zugenommen“ und „wir müssen diese erhöhte Unsicherheit berücksichtigen“, so Schnabel.

Die Aussagen ließen besonders aufhorchen, weil Schnabel nicht als Teil des „Falken“-Lagers im EZB-Rat gilt, also als Befürworterin einer eher strafferen Geldpolitik. Zudem gilt sie als Unterstützerin von Lagarde. „Wenn ein Mitglied des EZB-Direktoriums die Inflationsrisiken als ‚nach oben gerichtet‘ bezeichnet, ist dies ein klares Signal dafür, dass der allmähliche Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik beginnen wird“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Schnabel gilt aktuell als eine mögliche Nachfolgerin von Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der zum Jahresende vorzeitig aufhört.

Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot bekräftige am Dienstag seine Inflationssorgen. Die vierte Coronawelle könne das Problem der Lieferengpässe, das aktuell wesentlich zur Inflation beiträgt, noch verschärfen, sagte Knot zu Bloomberg.

Tags zuvor hatte Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau mit Aussagen in einem Interview der Börsen-Zeitung aufhorchen lassen (vgl. BZ vom 23. November). Er hatte bekräftigt, dass PEPP trotz der vierten Coronawelle im März 2022 enden und die EZB danach ihre ultralockere Geldpolitik weiter allmählich reduzieren werde. Zugleich hatte er aber die Einschätzung untermauert, dass die aktuelle Inflation vor allem vorübergehend sei, und deshalb vor einer verfrühten Straffung gewarnt. Der Franzose gilt als Notenbanker, der häufig die Mehrheitspositionen im EZB-Rat artikuliert.