Scholz hält Kurs Richtung Impfpflicht
sp Berlin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner ersten Regierungsbefragung im Parlament seine Unterstützung für eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland bekräftigt. „Ich jedenfalls halte sie für notwendig und werde mich aktiv dafür einsetzen“, sagte Scholz im Bundestag. Dem Dringen der Opposition auf einen Gesetzesentwurf der Regierung gab er aber nicht nach. Stattdessen soll der Bundestag in einer offenen Debatte über fraktionsübergreifende Gruppenanträge beraten und nach Möglichkeit noch im März über die Umsetzung einer allgemeinen Impfpflicht abstimmen. An die Verabschiedung dürfte sich eine Übergangsphase anschließen, so dass eine allgemeine Impfpflicht bei einer Verabschiedung dann im Frühsommer greifen dürfte.
Die Frage der Impfpflicht sei von grundlegender Bedeutung, begründete Scholz das Vorgehen der Ampel-Koalition. Der Weg über fraktionsübergreifende Gruppenanträge habe in der Vergangenheit immer zu einer Befriedung der politischen Diskussion geführt. „Es ist der richtige Weg für demokratische Leadership“, sagte Scholz während der Befragung, in der neben Fragen zum Umgang mit der Corona-Pandemie noch eine lange Liste weiterer Themen wie Klimaschutz, Mindestlohn und Nachtragshaushalt zur Sprache kam.
Die Vertreter der größten Oppositionspartei CDU kritisierten den Weg über fraktionsübergreifende Gruppenanträge. Wenn der Bundeskanzler sage, dass eine allgemeine Impfpflicht der Weg aus der Coronakrise sei, müsse er auch einen Vorschlag in das Parlament einbringen, wie die Bundesregierung diesen Weg gesetzgeberisch beschreiten wolle, sagte Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Scholz beließ es dagegen bei allgemeinen Aussagen zur Impfpflicht: Sie solle alle Erwachsenen über 18 Jahren umfassen und nicht nur über 50-Jährige treffen oder Jugendliche mit einschließen, sagte der Bundeskanzler. Sie solle zudem möglichst unbürokratisch und schlank ausgestaltet sein. Der Debatte im Bundestag wolle er aber nicht vorgreifen.
2G-plus-Regel im Bundestag
Die Regierungsbefragung startete mit Verzögerung, weil Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zunächst eine Verschärfung der Coronaregeln im Parlament auf die Tagesordnung setzte. Die Aussprache über die Änderung der Geschäftsordnung, mit der eine 2G-plus-Regel für das Parlament eingeführt wurde, nutzte die AfD für Kritik am Coronakurs der Regierung. Sie spalte nicht nur die Bevölkerung, sondern jetzt auch das Parlament, klagte Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, deren Mitglieder die Debatte in großer Zahl von der Besuchertribüne verfolgten, weil viele von ihnen nicht geimpft sind. Zum Start der Regierungserklärung des Bundeskanzlers reckten die AfD-Parlamentarier dann bunte Pappschilder in die Höhe, mit denen sie „Freiheit statt Spaltung“ skandierten.
In der Regierungsbefragung behauptete die AfD, dass die Einführung einer Impfpflicht zur Überwindung der Coronakrise die Fakten negiere. „Einen offenen Umgang mit den Fakten wünsche ich auch Ihnen – er würde auch helfen“, entgegnete Scholz. „Halten Sie sich an die Fakten, verwirren Sie nicht die Bürger. Schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger“, forderte er.
Sich nicht impfen zu lassen, sei keine persönliche Entscheidung, sondern habe Konsequenzen für das ganze Land, sagte Scholz. Zuletzt hätten Krankenhäuser Operationen absagen müssen, um Platz für die vielen Coronapatienten zu machen. Man treffe nicht nur eine Entscheidung für sich, sondern für 80 Millionen andere. „Es gibt keine Entscheidung, die man nur für sich allein trifft, und deshalb ist die Impfpflicht auch wichtig“, betonte Scholz.
Der Bundeskanzler stimmte auf einen Anstieg der Coronazahlen ein. Man müsse davon ausgehen, dass die Infektionszahlen mit der Omikron-Variante bald deutlich zunähmen. Das sei ein Grund, den bisher eingeschlagenen vorsichtigen Coronakurs fortzusetzen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete einen Rekordwert von mehr als 80000 Neuinfektionen in den vorangegangenen 24 Stunden. Die Sieben-Tage-Inzidenz kletterte von 387,9 auf 407,5.