Scholz stellt sich im Finanzausschuss
sp Berlin
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat am Montag nach einer Sondersitzung des Finanzausschusses seine Bilanz im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung verteidigt. „Wir haben mehr hingekriegt in den letzten drei Jahren als in den letzten 30 Jahren“, sagte der Finanzminister nach seinem Auftritt vor dem Ausschuss, der Scholz wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen die Geldwäsche-Einheit Financial Intelligence Unit (FIU) nach Berlin zitiert hatte. „Die letzten drei Jahre waren wahrscheinlich die besten Jahre für die Aufstellung der Behörden mit Blick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“, erklärte Scholz nach der knapp drei Stunden dauernden Befragung, für die der Spitzenkandidat der SPD zwei von drei geplanten Wahlkampfauftritten an diesem Tag aus dem Kalender strich.
Noch kurz vor dem Sitzungsbeginn schienen selbst die Mitglieder der SPD im Finanzausschuss nicht zu wissen, ob Scholz in Berlin erscheinen würde oder im Rahmen einer Video-Schalte vor dem Ausschuss Stellung zur FIU nehmen würde. Die Obleute von Union und FDP im Ausschuss, Hans Michelbach und Markus Herbrand, hatten bereits öffentlich kritisiert, dass der Finanzminister mit seinem Fernbleiben dem Parlament Schaden zufüge, als er doch noch persönlich erschien.
In der nichtöffentlichen Sitzung stellte Scholz laut dem Informationsdienst „Heute im Bundestag“ klar, dass es weder bei der FIU noch bei dem die Rechtsaufsicht über die FIU innehabenden Bundesministerium der Finanzen (BMF) derzeit Personen gebe, die konkret der Strafvereitelung im Amt durch die Staatsanwaltschaft Osnabrück beschuldigt werden. Bei der FIU werde gegen unbekannt ermittelt, sagte Scholz. Bei der im BMF am 9. September stattgefundenen Durchsuchung habe es sich um eine „Durchsuchung bei nicht verdächtigen Dritten“ gehandelt. Dabei seien keine Unterlagen, Daten oder Geräte mitgenommen, sondern mehrere E-Mail-Konten „eingefroren“ worden.
Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte vorvergangene Woche im Bundesfinanz- und im Justizministerium Durchsuchungen vorgenommen. Dabei ging es nach Angaben der Ministerien nicht um Beschuldigte beider Ressorts, sondern ausschließlich um Ermittlungen gegen die FIU, die zum Zoll und damit zum Geschäftsbereich des Finanzministeriums gehört. Hintergrund ist der Vorwurf, dass die FIU Geldwäsche-Verdachtsmeldungen der Banken nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet haben soll.
Die FIU funktioniere, arbeite mit anderen Behörden zusammen und optimiere ständig ihre Arbeitsprozesse, damit Straftäter nicht unentdeckt bleiben, sagte der Vizekanzler nach der Befragung im Ausschuss. Die Behörde, die er im März 2018 mit 160 Mitarbeitern übernommen habe, verfüge mittlerweile über 500 Mitarbeiter und werde bald auf mehr als 700 Mitarbeiter aufgestockt, sagte Scholz, der einräumen musste, dass er den FIU-Leiter Christof Schulte am Montag vor dem Ausschuss zum ersten Mal persönlich getroffen habe. Das bei der Behörde eingehende Meldevolumen habe sich von 50000 auf 150000 verdreifacht und werde sich in nächster Zeit noch einmal verdoppeln.
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet warf Scholz mangelnde Aufklärung vor. Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans warf der Union eine Skandalisierung der Ermittlungen vor. Dies sei offenbar ein „letzter Strohhalm“.
„Statt zur Aufklärung und echten Fehleranalyse beizutragen, hat Olaf Scholz die heutige Sitzung für seine Selbstdarstellung genutzt“, sagte Lisa Paus, die Obfrau der Grünen im Ausschuss. Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar, bemängelte, dass Scholz nie bei der FIU in Köln gewesen sei. „Bemerkenswert vor dem Hintergrund, wie sehr er sich angeblich um diese Behörde gekümmert haben will.“ Der Obmann der AfD im Ausschuss, Kay Gottschalk, sagte, Scholz sei seiner Aufgabe nicht gewachsen. „Und wer das Amt des Finanzministers nicht beherrscht, der kann aus meiner Sicht auch nicht dieses Land als Bundeskanzler führen.“