Schwieriges Ringen um das „Fit for 55“-Klimapaket
ahe Brüssel
Auch nach mehr als zehnstündigen Beratungen haben die Umweltminister der EU am Dienstag bei ihrem Treffen in Luxemburg noch keine Verständigung über die zentralen Punkte des Klimapakets „Fit for 55“ gefunden. Die Verhandlungen zogen sich weit in den Abend, wobei Beobachter eine Einigung weiter für möglich hielten. Auf dem Tisch lag ein Paket zum EU-Emissionshandel, dessen Ausweitung auf Gebäude und Verkehr, zu der Einrichtung eines Klimasozialfonds, einer Lastenteilungsverordnung sowie den Flottengrenzwerten und hier insbesondere das Verbot des Verbrennermotors ab 2035.
Die französische EU-Ratspräsidentschaft hatte hierzu einen ausbalancierten Kompromiss vorgelegt, für dessen Annahme eine qualifizierte Mehrheit nötig war. Das heißt, dass mindestens 15 von 27 Staaten, die mindestens 65% der Bevölkerung der EU repräsentieren, zustimmen müssen. Am Mittag waren die Gespräche zunächst zur weiteren Kompromisssuche unterbrochen worden, da sich nicht nur in Bezug auf das Verbrenner-Verbot, sondern auch beim Klimasozialfonds noch zu große Differenzen abzeichneten.
Der Klimasozialfonds soll einen Teil der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (ETS 2) umverteilen, um so die Folgen von höheren Energie- und Heizkosten für sozial schwache Haushalte abzufedern. Die EU-Kommission wollte diesen Fonds eigentlich von 2025 bis 2032 mit 72 Mrd. Euro ausstatten, was unter anderem den Niederlanden und den skandinavischen Ländern zu viel Geld war. Im Kompromisspaket der französischen Ratspräsidentschaft enthielt der Sozialfonds noch 58 Mrd. Euro. Deutschland hatte zuletzt in den Verhandlungen lediglich 18 Mrd. Euro billigen wollen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) legte in Luxemburg einen Kompromissvorschlag von 41 Mrd. Euro vor, der noch von weiteren 7,5 Mrd. Euro durch Zertifikate aus dem sogenannten Innovationsfonds ergänzt wird. Dieser Vorschlag wurde von den besonders sparsamen EU-Ländern unterstützt.
Kompromissofferte aus Berlin
Habeck, der neben Umweltministerin Steffi Lemke (ebenfalls Grüne) an dem EU-Treffen teilnahm, hatte eindringlich zu einem Kompromiss aufgerufen. Wenn es keine Einigung auf das „Fit for 55“-Paket gebe, würde dies als Niederlage Europas gewertet, warnte er.
Vor allem osteuropäische Länder stellten sich allerdings gegen Kürzungen beim Klimasozialfonds. Die zuständige polnische Ministerin Anna Moskwa wies auf das mögliche Energiearmutsrisiko hin und forderte, gleich den gesamten neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr auszusetzen und noch einmal gründlich zu renovieren.
Unklar blieb am Dienstag zunächst, ob bei der Höhe des Hilfsfonds noch eine kurzfristige Lösung möglich war. Auch gab es aus Luxemburg zunächst keine Reaktionen zum deutschen internen Ampel-Kompromiss zum Verbrennungsmotor (siehe Text oben). Dieser sieht vor, dass die EU-Kommission erst einen weiteren Gesetzesvorschlag vorlegt, der außerhalb des Systems der Flottengrenzwerte regeln soll, wie nach dem Jahr 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die dann exklusiv mit klimaneutralen Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden.
In der Debatte zuvor hatten auch einige Staaten wie Belgien, Luxemburg, Dänemark oder auch Malta ein Aus des Verbrennungsmotors 2035 als nicht ehrgeizig genug bezeichnet und sich für weitere Verschärfungen eingesetzt. Andere Länder verlangten eine Verschiebung des Enddatums für den Verbrenner.