Subventionspolitik

Sorge vor Kollateralschäden der Industriepolitik

Subventionen nehmen weltweit zu, doch die Politik konzentriert sich nur auf den konkreten Effekt, statt Wechselwirkungen und Folgeschäden mitzubedenken, beklagt die OECD.

Sorge vor Kollateralschäden der Industriepolitik

Kollateralschäden durch Industriepolitik

OECD beklagt mangelhafte Datengrundlage und halbherzige Debatte über Subventionsziele

lz Frankfurt

Die Subventionen für bestimmte Industriegüter und ganze Industriebranchen nehmen weltweit deutlich zu, wie die Industrieländerorganisation OECD diagnostiziert. Sie verweist auf jüngste Handelskonflikte etwa mit China im Bereich der Elektromobilität und der Fotovoltaik, die oftmals in der Unterstützung heimischer Produkte und Produktionen über Zölle sowie Steuer- und Absatzhilfen münden. Im Schnitt der Jahre 2005 bis 2022, zeigt eine OECD-Auswertung, ist etwa die Solarbranche mit 3,5% ihres Umsatzvolumens staatlich unterstützt worden, bei Halbleitern waren es rund 2,5%. Über alle Branchen hinweg liegt China danach mit gut 3% des Umsatzes weit vorn, gefolgt von Indien mit rund 0,5%, während Hilfen in den OECD-Ländern im Gesamtmarkt kaum auszuweisen sind.

Allerdings fehlt es nach Ansicht der OECD an der nötigen strukturellen Transparenz der Industriehilfen, um in einen förmlichen Handelsdialog einzusteigen, wie eine Debatte am Freitag zeigte. Die OECD und die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hatten eingeladen, um zu ergründen, ob die Industrie etwa aus der langjährigen Subventionserfahrung des Agrarsektors lernen kann.

Neben diversen negativen „Lerneffekten“, wie SWP-Ökonomin Bettina Rudloff darlegte, zeigte sich in der Expertenrunde, dass es zuvorderst erst einmal um die Sammlung von Daten geht, die einen Überblick für einen internationalen Vergleich geben könnten und die Folgen besser abschätzen ließen. Denn oftmals münde Subventionspolitik in eine Subventionsspirale, die sich in Gang setzt, wenn andere Länder auf Subventionen im Ausland reagieren.

Lange und komplexe Lieferketten

Nach wie vor, so Anke Raloff vom Bundeswirtschaftsministerium, fehle es der Industriepolitik nämlich auch an der Folgenabschätzung bei der Förderung bestimmter Produkte oder Branchen. Daher gebe es immer wieder „Kollateralschäden“ selbst für die Wirtschaft „gleichgesinnter Länder“, wie sie am Beispiel der US-Klimaförderung IRA darlegte. Gerade vor dem Hintergrund langer und komplexer Lieferketten sei auch unklar, ob bestimmte Entscheidungen dann auch Rückwirkungen auf die eigene Produktion hätten.

Marion Jansen, OECD-Direktorin für Handel und Landwirtschaft, verwies zudem auf Zielkonflikte: Die Förderung fossiler Brennstoffe hätte enorme Umweltauswirkungen; umgekehrt würde eine klimapolitisch gewünschte Verteuerung gerade ärmere Haushalte direkt belasten. Übergeordnete Ziele seien ferner die Versorgungssicherheit und eine gewisse Autarkie bei der Herstellung von Lebens- und Energiegütern. Und schließlich gehe es darum, die Vorprodukte für industrielle Prozesse zu sichern und zugleich eine gewisse Kernkompetenz im technologischen Bereich zu erhalten, weshalb oft eine nationale Produktion aufrechterhalten werden müsse. Häufig, ließen die Experten durchblicken, würde sich die Politik so stark auf die einzelne Subvention fokussieren, dass sie die ganze Gemengelage aus dem Blick verliere.

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