Kriegsgefahr

Sorgen vor Eskalation in der Ukraine nehmen zu

Der schwelende Ukraine-Konflikt macht die Börsen nervös: Der Kreml betont die Kriegsgefahr. Nato und USA erwägen eine Truppenaufstockung. Washington denkt zudem über Wirtschaftssanktionen nach.

Sorgen vor Eskalation in der Ukraine nehmen zu

det/rec Washington/Frankfurt

Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt nehmen zu. Die Sorgen vor einer militärischen Eskalation wachsen, was zu Wochenbeginn auch die europäischen Aktienmärkte in Atem hielt. Die Kriegsgefahr sei noch nie so groß gewesen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur Reuters. Die Nato kündigte an, weitere Kampfverbände nach Osteuropa zu verlegen. Die USA riefen Angehörige ihrer Botschaft in Kiew zur Ausreise aus der Ukraine auf. Die Bundesregierung sieht dagegen von einem solchen Schritt ab.

Russland hat an der Grenze zur Ukraine rund 100000 Soldaten stationiert. Die Regierung in Moskau weist den Vorwurf zurück, eine Invasion vorzubereiten. Sie fordert Sicherheitsgarantien der Nato wie eine Absage an eine Aufnahme der Ukraine. Die Nato lehnt dies ab, hat der Ukraine aber keine konkrete Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt.

Das US-Außenministerium hatte am Wochenende Angehörige von Mitarbeitern der Botschaft in Kiew aufgefordert, das Land zu verlassen. Allen US-Bürgern legte sie die Ausreise nahe. Seitens der US-Botschaft hieß es, eine russische Militäraktion sei „jederzeit möglich“. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zufolge sollen Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kiew bleiben. Es gehe darum, „die ukrainische Regierung weiter ganz klar zu unterstützen und vor allen Dingen die Stabilität des Landes aufrechtzuerhalten“, sagte Baerbock am Rande eines Treffens der EU-Außenminister.

US-Präsident Joe Biden will den militärischen und den wirtschaftlichen Druck auf Moskau verstärken. Regierungsangaben zufolge erwägt Biden die Entsendung von mehreren tausend Soldaten sowie von Flugzeugen und Kriegsschiffen zu Nato-Verbündeten in Osteuropa und im Baltikum. Über eine Truppenaufstockung will Biden den Angaben zufolge diese Woche entscheiden. Am Montagabend wollte Biden mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und anderen Verbündeten beraten.

In Brüssel kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an, zusätzliche Kriegsschiffe und Kampfjets nach Osteuropa zu verlegen. Kreml-Sprecher Peskow warf den USA und deren Alliierten vor, die Spannungen weiter zu eskalieren. Die ukrainische Regierung sei zudem dabei, an der sogenannten Kontaktlinie im Osten des Landes große Truppenverbände zusammenzuziehen und damit einen militärischen Konflikt zu provozieren. Später sagte Stoltenberg, die Nato erwäge, die derzeit 4000 Mann umfassenden Kampftruppen in Osteuropa aufzustocken.

Falls es zu einer Invasion kommen sollte, will das Weiße Haus Russland wirtschaftlich sanktionieren und den Export von kritischen Computerteilen blockieren. Das ermöglicht der Regierung, neben direkten Ausfuhren den Verkauf bestimmter Produkte, die außerhalb der USA gefertigt werden, an russische Unternehmen zu verhindern. Werden bei der Produktion Teile, Software oder Technologie aus den USA eingesetzt, kann das Handelsministerium den Export verbieten, wenn es einen Verstoß gegen nationale Sicherheitsinteressen befürchtet. Damit könne man „Branchen, auf die der Kreml als künftige Wachstumsmotoren setzt, praktisch lahmlegen“, hieß es. Betroffen wären nach Darstellung von Experten vor allem die russische Luftfahrt- und Schifffahrtsindustrie sowie Spezialgebiete in der Tech-Branche, etwa künstliche Intelligenz und Quantencomputing. Ex-Präsident Donald Trump hatte die Vorschrift gegen den chinesischen Telekomkonzern Huawei eingesetzt. Experten im Handelsministerium räumen allerdings ein, dass die Ausfuhrkontrollen bei betroffenen Unternehmen in den USA und Europa auf Widerstand stoßen würden.

Befürchtungen auch in Deutschland, Russland könnte im Fall von Sanktionen den Gashahn zudrehen, wies der Kreml am Montag zurück. „Russland hat in den schwierigsten Momenten der Konfrontation zwischen Ost und West seine Vertragsverpflichtungen tadellos erfüllt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge.