IMD-Länderranking zur Wettbewerbsfähigkeit

Standort Deutschland wird nach unten durchgereicht

Die Attraktivität Deutschlands für Investoren schwindet immer mehr, wie das neue IMD-Ranking zeigt. Der Handlungsdruck für die Politik wird immer größer. Vor allem bei der Digitalisierung haben Standort und Unternehmen gewaltigen Nachholbedarf.

Standort Deutschland wird nach unten durchgereicht

Standort D wird nach unten durchgereicht

Nur auf Platz 24 im Wettbewerbsranking des IMD – Achillesfersen Kosten, Digitalisierung und Bürokratie

Die Attraktivität Deutschlands für Investoren schwindet immer mehr, wie das neue IMD-Ranking zeigt. Der Handlungsdruck für die Politik wird damit immer größer. Vor allem bei der Digitalisierung haben der Standort insgesamt, aber auch die Unternehmen selbst gewaltigen Nachholbedarf, mahnen die Forscher.

lz Frankfurt

Im Wettbewerb der attraktivsten Investitionsstandorte rutscht Deutschland immer weiter nach hinten. Lag der Standort vor zwei Jahren noch auf Platz 15, ist es nun Platz 24. Die Wettbewerbsfähigkeit des Landes habe sich in den vergangenen drei Jahren „kontinuierlich verschlechtert“, attestiert das IMD World Competitiveness Center (WCC), das die Rangliste der weltweit wettbewerbsfähigsten Länder seit inzwischen 35 Jahren veröffentlicht.

Analysiert wird die Standortattraktivität von 67 Ländern anhand von über 340 Kriterien, die in vier Hauptdimensionen unterteilt sind: wirtschaftliche Leistung, Regierungseffizienz, Geschäftseffizienz und Infrastruktur. Die Bewertung basiert dabei auf 164 statistischen Indikatoren und Umfragedaten von über 6.600 Führungskräften weltweit. Darin gehen etwa Kostenniveaus bei Investitionen, Bürokratieaufwand, Bildungsstand der Bevölkerung und Start-up-Aktivitäten ein, die etwas über das Investitionsklima und die Dynamik der Volkswirtschaften verraten.

Achillesferse Digitalisierung

Deutschland hat danach in allen vier Hauptdimensionen Rückschritte zu verzeichnen: In der wirtschaftlichen Leistung fällt es von Platz 12 im Vorjahr auf Platz 13 im aktuellen Ranking zurück, in der Regierungseffizienz von Platz 27 auf Platz 32, in der Geschäftseffizienz von Platz 29 auf Platz 35. Hierbei stürzt Deutschland vor allem bei der Produktivität, bei der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, aber vor allem bei der Nutzung digitaler Werkzeuge (Platz 54) ab. Bei der Infrastruktur verliert der Standort ebenfalls an Boden und fällt von Platz 14 auf Platz 20 zurück. „Die technologische Infrastruktur belegt Platz 35, was die Herausforderungen im Bereich der digitalen Transformation verdeutlicht“, merkt das IMD explizit an. Auch im Bildungssektor kommt Deutschland nur noch auf Platz 26 gegenüber früher Platz 21.

Spitzenreiter Singapur

Nach Arturo Bris, Direktor des WCC an der privaten Business School IMD, „mangelt es Deutschland im Vergleich zu den aufstrebenden Wirtschaftsregionen Asiens vor allem an Agilität und Geschwindigkeit“. Zudem habe der Krieg in der Ukraine in den vergangenen Jahren deutliche Spuren in der deutschen Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit hinterlassen.

Als positive Aspekte hebt Bris die nach wie vor vorhandene Innovationsstärke (Platz 5), die hohen Ausgaben für den Gesundheitssektor und die Exportstärke hervor.

Den ersten Platz im Standortranking nimmt wieder Singapur ein, gefolgt von der Schweiz, Dänemark, Irland und Hongkong. Dass auch die Niederlande (Platz 8), die USA (Platz 12) und Belgien (Platz 18) vor Deutschland rangieren, sollte zu denken geben, und die Politik auf Spurensuche gehen, wo die Mängel liegen. Dass Großbritannien, Frankreich und Italien dahinter rangieren, ist kein Trost.

Das IMD sieht die Position der Industrieländer insgesamt als etwas geschwächt und verweist auf die Ambitionen und wieder erstarkte Dynamik in den Schwellenländern und kleineren Ländern. China, Indien, Brasilien, Indonesien und die Türkei hätten ein starkes Wachstum vorgelegt. Auch Malaysia, Thailand und Chile hätten deutlich aufgeholt.

Klimawandel und künstliche Intelligenz

Nach Ansicht von Bris kommt es für künftige Rankings vor allem darauf an, wie gut die Volkswirtschaften die globalen Veränderungen in politischer, ökonomischer und technologischer Hinsicht aufnehmen und darauf reagieren. Er verweist auf den Klimawandel und die Abkehr von fossiler Energie sowie die digitale Transformation. Für die Unternehmen sei die Schaffung, Integration und Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) der entscheidende künftige Faktor. Hier zeigt sich auch eine Stärke der arabischen Länder, die zunehmend durch die sukzessive Abkehr vom Öl mit ihren hohen Einnahmen in neue Technologiefelder investieren und damit auch erfolgreich sind.

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