Sturmschäden am US-Arbeitsmarkt

Abbau von 33 000 Stellen außerhalb des Landwirtschaftssektors - Zinserhöhung weiterhin erwartet

Sturmschäden am US-Arbeitsmarkt

Die Tropenstürme Harvey und Irma haben am US-Arbeitsmarkt deutlich stärkere Spuren hinterlassen als erwartet. Zum ersten Mal seit sieben Jahren wurde dort ein Stellenabbau gemessen. Besondere Bedeutung erlangt aus der Sicht der Notenbank der überraschend starke Anstieg der Stundenlöhne. Eine weitere Zinserhöhung im Dezember erscheint nun so gut wie sicher.det Washington – Die Arbeitslosenquote ist im September bei deutlich zunehmendem Lohndruck von 4,4 % auf 4,2 % gefallen und hat damit den tiefsten Stand seit 16 Jahren erreicht. Ordentlich durcheinandergewirbelt haben den US-Arbeitsmarkt die beiden Tropenstürme Harvey und Irma. Sie waren maßgeblich für die insgesamt 33 000 Stellenstreichungen außerhalb des Agrarsektors. Allein im Gastgewerbe wurden 105 000 Jobs abgebaut. Zuwächse gab es im Gesundheitswesen und dem Transportsektor. Auch wurde als Folge der Versicherungsforderungen nach den Stürmen bei Finanzdienstleistern mehr Personal eingestellt. Im produzierenden Gewerbe wurde ein Minus von 1 000 erfasst.Experten hat der Beschäftigungsabbau auf dem falschen Fuß erwischt. Die Prognosen für Neueinstellungen durchliefen ein breites Spektrum, wobei der Mittelwert der befragten Volkswirte sich bei einem Plus von etwa 90 000 eingependelt hatte. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass es in Gegenden wie Florida und Texas, wo die Stürme die größten Schäden angerichtet hatten, an qualifizierten Handwerkern und anderen Fachkräften fehlt, die beim Wiederaufbau helfen können. Derartige Engpässe trugen auch zu dem recht kräftigen Anstieg der Stundenlöhne bei, die im Monatsvergleich um 0,5 % und annualisiert um 2,9 % zulegten. Diese Entwicklung könnte zudem sichergestellt haben, dass die Notenbank im Dezember wieder an der Zinsschraube drehen wird. Lohnanstieg bemerkenswertUnter Volkswirten überwiegt die Überzeugung, dass die September-Zahlen aus der Reihe fielen und die Statistik insgesamt einen robusten Arbeitsmarkt und womöglich sogar Vollbeschäftigung widerspiegle. “Die schlechten Beschäftigungszahlen sind wegen Harvey und Irma im Großen und Ganzen nicht unerwartet”, sagte Curt Long, Chefvolkswirt beim Versicherungsverband National Association of Federally Insured Credit Unions. “Sie werden daher weder die Märkte noch die Fed aus der Ruhe bringen.” Der Ökonom ist wie die meisten anderen der Auffassung, dass vor allem der Lohnanstieg, auf den die Währungshüter schon seit längerer Zeit gewartet hatten, die Zentralbank in dem Vorsatz bestärken wird, mit ihren Leitzinserhöhungen auf Kurs zu bleiben.Robert Frick, Ökonom bei der Kreditgenossenschaft Navy Federal Credit Union, befürchtet, dass die revidierten Zahlen für September “auf zusätzliche 40 000 bis 50 000 Stellenstreichungen hindeuten könnten” und es “einige Monate” dauern könnte, bis sich der Arbeitsmarkt wieder stabilisiert. Optimistischer schätzt Robert Hamrick, Volkswirt bei dem Online-Kreditvermittler Bankrate die Situation ein. “Der zugrundeliegende Trend ist intakt”, ist Hamrick überzeugt. “Die Wirtschaft ist stark genug, um zu einer vollen Auslastung des Arbeitsmarkts zu führen.” Dies bedeute, dass kräftigere Lohnsteigerungen vermutlich von Dauer sein werden. Auch vertreten die meisten Analysten die Ansicht, dass in den kommenden Monaten der Wiederaufbau nach den Unwettern einen positiven Bumerang-Effekt entfalten und zu mehr Neueinstellungen führen wird, als 2017 bisher im Monatsschnitt verzeichnet wurden.Mit Genugtuung wird die Federal Reserve auch die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass die Partizipationsrate im September auf 63,1 % gestiegen ist. Ein so hoher Wert war zuletzt im März 2014 gemessen worden. Positiv fällt zudem der Rückgang bei jenen Personen im erwerbsfähigen Alter auf, die entweder die Stellensuche aufgegeben haben oder nur deswegen Teilzeitjobs ausüben, weil sie keine Vollzeitbeschäftigung finden konnten.