Teurer Wunschzettel
Es wird die letzte Kabinettsklausur in dieser Legislaturperiode für die schwarz-rote Koalition auf Schloss Meseberg gewesen sein. Im nächsten Jahr um diese Zeit ist Bundestagswahlkampf. Abgestimmt wird voraussichtlich im September 2017. Die Zeit für vertraute Treffen, bei denen – wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) es in der ihr eigenen Art ausdrückte – auch einmal gelacht werden konnte, ist dann vorbei. Spätestens nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Mitte Mai will die SPD ihren Kanzlerkandidaten inthronisieren. Vorboten der Wahl sind schon jetzt in Form von politischen Hakeleien zwischen Schwarz-Rot bei kleineren Themen zu spüren. So streiten die Koalitionspartner hart über die Verlängerung der EU-Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Oder es gibt völlig konträre Positionen zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) über den Grad der Veröffentlichungspflicht der Steuerdaten von Konzernen im Zug der künftigen länderspezifischen Veröffentlichungen.Neu ist bei der nächsten Bundestagswahl, dass die Aussicht auf klare Mehrheiten und eine Regierungskoalition aus nur zwei Partnern geschmälert ist. Dem Parlament werden voraussichtlich sechs statt bisher vier Parteien angehören, bleiben CDU und CSU als Einheit zusammen. Für die FDP stehen die Aussichten nach den Umfragen gut, in den Bundestag zurückzukehren. Der große Zuspruch für die Alternative für Deutschland (AfD) macht alle Parteien nervös – besonders aber die Linke. Sie muss nach den jüngsten Landtagswahlen fürchten, dass ihre bisherigen Wähler zur rechtspopulistischen AfD überlaufen. Die Grünen loten intern aus, ob sie durch ihre Positionierung einem schwarz-grünen Bündnis eine Chance geben. Für Rot-Grün wird es nicht reichen und wohl auch nicht für Rot-Rot-Grün. Dieser grüne Richtungskampf ist noch nicht entschieden.Neu ist bei der Wahl 2017 aber auch, dass als Folge des demografischen Wandels der Anteil der Rentner unter den Wahlberechtigten erstmals größer ist als der Anteil der arbeitenden Bevölkerung. Mehr Wahlversprechen für Rentner und solche, die es bald werden, sind damit programmiert. Die SPD hat bereits erklärt, die Rente zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen. Bei CDU und CSU sieht es ähnlich aus. Alle bedienen damit auch das zentrale Thema soziale Gerechtigkeit.Die Wunschliste ist lang, dabei fehlen für teure Wahlversprechen die Mittel, wenn die Parteien Grundgesetz und Schuldenbremse respektieren. Satte 35 Mrd. Euro für neue Leistungszusagen von Schwarz-Rot und für die Flüchtlingskrise muss der Bundeshaushalt bereits heute bei Ausgaben von etwas mehr als 310 Mrd. Euro zusätzlich jedes Jahr schultern. Rund 18 Mrd. Euro betreffen Zusagen aus dieser Legislaturperiode bei der Renten- und Pflegeversicherung. Mindestens 17 Mrd. Euro Flüchtlingskosten fallen für alle Menschen an, die bereits im Land sind – unter der optimistischen Annahme, dass innerhalb von sechs Jahren alle Flüchtlinge komplett in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind.Der Bundeshaushalt ohne neue Schulden konnte bislang ohne schmerzhafte Einschnitte gelingen. Geholfen haben die niedrigen Zinsen, die den hoch verschuldeten Staat entlasten, und der boomende Arbeitsmarkt, der den Steuersäckel prall füllt. Zur Finanzierung der aktuellen Rentenzusagen sind von 2018 an schon höhere Beiträge geplant. Neue Versprechen kreieren aber neuen Finanzbedarf. Zu den sozialpolitischen Wünschen kommt zudem die Sorge um die innere Sicherheit und die europäischen Außengrenzen hinzu. All dies verschlingt mehr Geld. Hinter den Kulissen laufen die Kalkulationen über neue Einnahmen. Die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge werden CDU/CSU und SPD opfern, sobald der grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch zwischen den Finanzbehörden greift. Offen ist, ob Veräußerungsgewinne jenseits einer Spekulationsfrist wieder steuerfrei werden. Auch die Forderung nach einer Vermögensteuer wird wieder auf den Tisch kommen. Steuerentlastungen über den Einkommensteuertarif oder die Abschaffung des Soli, wie sie die CDU gerade auslotet, sind mit geschätzten 12 bis 15 Mrd. Euro im Jahr ebenfalls teuer. Das permanent steigende Steueraufkommen für Bund, Länder und Gemeinden setzt die Parteien aber bei den Bürgern unter Druck. Dass nur der Fiskus von guter Konjunktur und blendender Arbeitsmarktlage profitiert, werden die Wähler auf Dauer nicht akzeptieren.——–Von Angela WefersDie Parteien formieren sich für die Bundestagswahl 2017. Die Wunschliste für neue Versprechen ist lang, doch fehlen dafür die Finanzmittel.——-