Zinserhöhung

Türkische Zentralbank hält ihr Versprechen

Mit der erneuten Anhebung des Leitzinses stärkt die türkische Notenbank das Vertrauen in die Märkte. Analysten sehen allerdings weiterhin Unwägbarkeiten bei der Lira – etwa außenpolitische Spannungen.

Türkische Zentralbank hält ihr Versprechen

rec Frankfurt

Nach einer zweimonatigen Verschnaufpause haben die Währungshüter in der Türkei nachgelegt und den Leitzins ein weiteres Mal angehoben. Die Erhöhung um 2 Prozentpunkte fiel etwa doppelt so kräftig aus, wie Analysten erwartet hatten. Damit hielten sie ihr Versprechen, im Fall eines unverminderten Inflationsdrucks ihre Geldpolitik weiter zu straffen. Der Leitzins liegt nun bei 19% und damit nur noch 5 Prozentpunkte unterhalb des Standes von Mitte 2019, als mit 24% das höchste Niveau seit mehr als 15 Jahren erreicht war (siehe Grafik).

Mit der vierten Zinserhöhung seit Herbst 2020 untermauert die türkische Zentralbank ihren straffen Kurs, um die unvermindert zweistellige Inflation in Richtung ihres Zielwertes von 5% zu drücken. Zuletzt hat die Jahresinflationsrate die Schwelle von 15% überschritten. Allmählich schwinden Zweifel von Analysten und Anlegern, dass die Notenbank auf Dauer von ihrem Niedrigzinskurs abweicht. Über weite Strecken von 2020 hatte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf immer weitere Zinssenkungen gedrungen, obwohl die Lira von einem Tief zum nächsten fiel und die Verbraucherpreise stiegen. Seit November ist Erdogan von seinem Niedrigzinsdiktat abgerückt. Im Zuge seiner spektakulären 180-Grad-Wende wechselte er auch die Spitzen von Notenbank und Finanzministerium aus.

Seine neue Linie untermauerte Erdogan vor einer Woche. „Ein vorrangiger Punkt auf der Agenda ist der Kampf gegen die Inflation“, kündigte der Präsident an, als er eine Reihe von Wirtschaftsreformen vorstellte. „Das Ziel ist eine einstellige Inflation.“ Ihm schwebt ein „Frühwarnsystem“ für die Entwicklung der Lebensmittelpreise vor. Der Staat werde helfen, indem Preiserhöhungen im öffentlichen Bereich nur auf der Grundlage der angestrebten Inflation vorgenommen würden. Erdogan verkündete seine Absicht, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um die Inflation zu entschärfen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sprach Erdogan davon, ein „Preisstabilitätskomitee zu gründen“. Demnach sollen etwa die Finanz-, Technologie- und Energieminister herausfinden, wie sich höhere Preise effektiver bekämpfen lassen. Zudem soll die Steuerpolitik vereinfacht, die Produktivität gesteigert, die Abhängigkeit von Importen verringert und Investitionen, Beschäftigung und Exporte erhöht werden. Ziel sei, das Wachstumspotenzial zu steigern.

Die abermalige Zinserhöhung stärkt nun das Vertrauen an den Märkten. Maya Senussi, Volkswirtin von Oxford Economics, konstatierte: „Die mutige Entscheidung sollte die Lira stützen und helfen, die Inflationserwartungen zu zähmen.“ Für Beobachter bleiben allerdings beträchtliche Risiken für die Lira, darunter die während der Währungskrise im vergangenen Jahr stark abgeschmolzenen Währungsreserven, das Leistungsbilanzdefizit und Spannungen in der Außenpolitik.

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