Union dringt auf Reform des Klimaschutzgesetzes
Die Unionsparteien dringen nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz der Bundesregierung auf ehrgeizigere Ziele zur Eindämmung der Erderwärmung. Nach der Sitzung des Parteivorstands am Montag forderte CDU-Chef Armin Laschet einen höheren CO2-Preis als bisher geplant und machte sich für Klimaneutralität in Deutschland noch vor dem bisherigen Zieldatum 2050 stark. Zuvor hatte CSU-Chef Markus Söder für Bayern das Jahr 2040 als neuen Endpunkt des Weges zur Klimaneutralität verkündet und ebenfalls einen steileren Pfad für den nationalen CO2-Preis gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will noch in dieser Woche das Gespräch mit Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) über Verschärfungen des Klimaschutzgesetzes suchen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Teilnehmer an den Gremiensitzungen.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die sich bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes im Dezember 2019 für schärfere Regeln eingesetzt hatte und den CO2-Preis erst gegen den hartnäckigen Widerstand der Unionsparteien durchsetzen musste, kündigte an, rasch einen Entwurf vorzulegen. „Ich werde einen Vorschlag machen, und dann wird man sehen: Wer sind die Bremser, und wer geht da mit voran“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Wir sind in Diskussionen und Verhandlungen mit der Union, und ich kann sie nur auffordern, dieses Gerichtsurteil jetzt mit mir umzusetzen“, sagte Schulze.
Die Karlsruher Richter hatten in der vergangenen Woche erklärt, dass das Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig sei, weil es für die Zeit nach 2030 keine ausreichenden Vorkehrungen treffe, um einen grundgesetzkonformen Weg zur Klimaneutralität sicherzustellen, der die jüngere Generation im Vergleich zu den Älteren nicht unverhältnismäßig stark belastet (vgl. BZ vom 29. April).
Die Bundesregierung hat bis Ende 2022 Zeit für eine Reform. Knapp fünf Monate vor der Bundestagswahl will sich die Koalition allerdings nicht die Blöße geben, das Thema auf die lange Bank zu schieben und damit den Grünen im Wahlkampf zusätzlichen Auftrieb zu verschaffen. Grünen-Co-Chef Robert Habeck stellte am Montag Bedingungen für eine Einbindung in den von Laschet angebotenen parteiübergreifenden Klimakonsens: erstens ein CO2-Reduktionsziel von 70% statt bisher 55% bis 2030 im Vergleich zu 1990; zweitens den schnelleren Ausbau von Solar- und Windenergie; drittens die Erhöhung des CO2-Preises von aktuell 25 Euro pro Tonne auf 60 Euro pro Tonne bereits im Jahr 2023 statt 2026 und viertens den Abbau aller umweltschädlichen Subventionen, die eine Erderwärmung derzeit noch steuerlich begünstigten. „Diese vier Eckpunkte sollten Grundlage einer Einigung der Gespräche der Parteien und Fraktionen sein“, sagte Habeck.
Auch ohne Verschärfung der Klimaziele wird der Umbau der Stahlindustrie in Richtung Klimaneutralität teurer als bislang gedacht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach am Montag nach Beratungen mit Spitzenvertretern der Branche von Gesamtkosten von 35 Mrd. Euro. Im Juli 2020, als das Kabinett Altmaiers Handlungskonzept Stahl verabschiedet hatte, war bis 2050 noch von geschätzten 30 Mrd. Euro die Rede. Der Staat will private Investitionen für grünen Stahl mit 25% bis 40% fördern.